Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Was geht im Mittelalter?
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Norbert von Thule
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Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Norbert von Thule »

Heute in der Schwäbischen Zeitung:
Michael Hescheler hat geschrieben:
Idee: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Die Idee klingt ein bisschen verrückt: In Meßkirch (Kreis Sigmaringen) soll auf einem Stück Land, das so groß wie sechs Fußballfelder ist, ein Kloster samt dazugehöriger Stadt nachgebaut werden. Statt Lastwagen rücken Ochsenkarren an, auf der Baustelle soll das Mittelalter aufleben. Touristen sollen den Handwerkern bei der Arbeit zusehen.

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So soll die Klosterkirche aussehen. Das Bild eines Modells ist in Aachen entstanden.

„Das Bauen ist unser Ziel, nicht das Fertigwerden“, sagt der Bauherr. Bert M. Geurten heißt er, stammt aus dem Rheinland und versucht mit seinem Verein „Karolingische Klosterstadt“ seit einigen Jahren einen Partner für die mittelalterliche Endlosbaustelle zu finden.
Als er mit seinem Projekt hausieren gegangen ist, haben ihn viele Gesprächspartner als Träumer abgekanzelt. Arne Zwick, der Bürgermeister von Meßkirch, hat dagegen Feuer gefangen. Er ist davon überzeugt, dass der Klosterbau seiner Stadt Touristen bringt. Wenn die Besucher einmal kommen, kommen sie regelmäßig wieder, weil sie den Fortschritt sehen möchten, so der Plan.

Als Blaupause dient der Burgbau von GuÁ©delon in Burgund. In Meßkirch wird dieses Beispiel immer wieder als Musterbeispiel angeführt. Mehr als 300 000 Besucher jährlich werden dort gezählt. Busweise verlegen Schulklassen ihren Geschichtsunterricht ins Freie und schauen den Burgbauern zu. Der Bau finanziere sich lediglich aus Eintrittsgeldern.
In Meßkirch wollen sie das auch schaffen. Abgesehen von einer Anschubfinanzierung. Eine höhere sechsstellige Summe soll die Stadt in das Projekt investieren. Der knapp 40 Mitglieder zählende Verein will so lange Geld sehen, bis das Projekt finanziell auf eigenen Beinen stehen kann. Drei bis vier Jahre könnte das dauern, so die Prognose. Ab einer Zahl von 125 000 Besuchern reichen die Einnahmen aus, um den Bau mit eigenen Mitteln zu schultern.
Zurzeit bemüht sich die Stadt um Fördergelder und lotet hinter den Kulissen aus, ob sie bereit ist, ins Risiko zu gehen. Das endgültige Ja des Gemeinderats steht noch aus, das Wohlwollen sei aber sehr groß, ist zu hören. Auf Meßkirch ist der Verein aufmerksam geworden, unter anderem weil er am Bodensee mangels Grundstücken abblitzte. Weil er das Projekt klasse fand, empfahl der Bürgermeister von Radolfzell, es im Hinterland zu versuchen.
Dem Meßkircher Bürgermeister kommt die Anfrage sehr gelegen ”“ die Belebung seiner Stadt ”“ wirtschaftlich und touristisch ”“ ist eines seiner wichtigsten Ziele.
Da der Plan aus dem 9. Jahrhundert auf der Insel Reichenau gezeichnet wurde und in der St. Galler Stiftsbibliothek lagert, passe Meßkirch als Bauort.
Historisch bedeutend ist der nie verwirklichte Bauplan einer Klosterstadt, weil er als älteste und umfangreichste Visualisierung eines Baukomplexes aus dem Mittelalter gilt.
Gebaut werden soll mit den Möglichkeiten der damaligen Zeit. Nur beim Thema Sicherheit werden keine Abstriche gemacht. Der Schmied darf also eine Schutzbrille tragen.
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Norbert von Thule
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Norbert von Thule »

Heute in der Südwest Presse:
Marc Herwig hat geschrieben:
Bauen wie im Mittelalter
Zwölf Hektar große Klosterstadt soll Touristen nach Meßkirch locken


Wenn der Gemeinderat zustimmt, dann soll in Meßkirch ein Kloster mit Gebäuden entstehen. Vorbild sind Pläne aus dem neunten Jahrhundert. Gebaut wird ohne Maschinen. Das Projekt soll Touristen anlocken.
Das ganze klingt nach einer Idee von Spinnern: Eine Kathedrale für 2000 Menschen wollen sie in Oberschwaben bauen, dazu eine mittelalterliche Klosterstadt mit 40 Häusern. Die Pläne sind stolze 1200 Jahre alt, und das Beste: Gebaut werden soll nur mit Muskelkraft und Ochsengespannen. Ob das Kloster tatsächlich irgendwann fertig wird, steht in den Sternen. Dafür hofft die Stadt Meßkirch (Kreis Sigmaringen), dass die deutschlandweit einmalige Baustelle einige hunderttausend Touristen pro Jahr in die strukturschwache Region lockt.
Wenn die Bauarbeiten tatsächlich beginnen, würde für Bert Geurten ein jahrzehntelang gehegter Traum in Erfüllung gehen. 1967 hat der gelernte Journalist in einer Ausstellung in Aachen das Modell eines mittelalterlichen Klosters gesehen. Wissenschaftler aus den USA hatten die Anlage im kleinen Maßstab nach Plänen erstellt, die zwischen 819 und 826 auf der Bodensee-Insel Reichenau gezeichnet worden waren. Gebaut wurde das Kloster nie, aber die Pläne gibt es noch. Sie lagern in der Stiftsbibliothek von Sankt Gallen. Geurtens Fantasie war entfesselt: Er wollte dieses Kloster bauen - nicht als Modell, sondern in Originalgröße auf zwölf Hektar Fläche.
In vielen Städten ist der inzwischen 61-Jährige mit seiner Idee vorstellig geworden. Wirklich ernst genommen wurde er kaum irgendwo. Dann kam er nach Meßkirch, und Bürgermeister Arne Zwick war nach einiger Zeit Feuer und Flamme. "Freundlich formuliert sind das natürlich alles Freaks. Aber sie sind keine Traumtänzer, sondern Realisten, die das Projekt vernünftig kalkulieren", sagt Frick. Vor einigen Wochen ist der Gemeinderat geschlossen nach GuÁ©delon im französischen Burgund gefahren, wo es ein ganz ähnliches Projekt gibt. Dort baut ein Verein mit den Techniken des 13. Jahrhunderts eine Burg. Rund 300 000 zahlende Besucher kommen jedes Jahr in die abgelegene Stadt, um die Baustelle zu besichtigen.
Die Gemeinderäte waren sich einig: Ein solches Projekt könnte Meßkirch gut gebrauchen. "Für die Gastronomie, Hotellerie und die Ferienwohnungen wäre das ein gewaltiger Schub", sagt Zwick und bestätigte entsprechende Medienberichte. Die Stadt versucht nun, mehrere hunderttausend Euro Anschubfinanzierung zusammenzubekommen.
Wenn das gelingt, warten schon die nächsten Herausforderungen: "Wie sieht eine Baugenehmigung für eine Kathedrale aus, die 2000 Personen fasst, und bei der die Baupläne 1200 Jahre alt sind? Sowas hat noch nie jemand gemacht", sagt der Rathauschef.
Im Frühjahr 2012 sollen die Arbeiten losgehen. 70 bis 80 Arbeitsplätze würden entstehen, erzählt Geurten. Erfahrene Handwerker würden gebraucht, aber auch Langzeitarbeitslose und ältere Menschen sollen eine Chance erhalten. Erste Bewerbungen gebe es schon. "Ein Steinmetz, der an einem großen Dom arbeitet, hat schon angefragt. Ihn reizt die Vorstellung, ganz ohne Maschinen nur mit der eigenen Muskelkraft zu arbeiten", erzählt der Baumeister. Schmiede sollen Werkzeuge herstellen, wie es sie im neunten Jahrhundert gegeben hat. Bloß auf Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen und auf Helme werden die Bauarbeiter wohl nicht verzichten dürfen.
Sobald pro Jahr 125 000 Touristen die Baustelle besuchen, könnten die Bauarbeiten aus den Eintrittsgelder finanziert werden. Das werde nach drei bis vier Jahren der Fall sein, hoffen Geurten und Zwick.
Spätestens im Januar wird der Gemeinderat endgültig über das Projekt entscheiden. Der Bürgermeister ist zuversichtlich, dass eine große Mehrheit zustimmen wird. Geurten wäre dann am Ziel seiner Träume.
Dass er noch erlebt, wie die Klosterstadt eines Tages fertiggestellt wird, glaubt der 61-Jährige allerdings nicht. Aber das sei auch nicht wichtig. "Wann wir fertig werden, ist zweitrangig - das Bauen ist unser Ziel."

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Ein kleiner Verein will in Meßkirch ohne den Einsatz moderner Technik ein Kloster mit dazu gehörenden Häusern bauen. Die Pläne stammen aus dem neunten Jahrhundert. Ein ähnliches Projekt gibt es in Frankreich in einem kleinen Dorf. Dort kommen jährlich viele Touristen, um sich die Baustelle anzuschauen (Foto: dpa)
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Norbert von Thule
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Norbert von Thule »

Heute in Welt-Online, zum Text von Marc Herwig ein zusätzliches Bild:
Bild
(Foto: PA/DPA) Die Stadt Meßkirch im Kreis Sigmaringen in Oberschwaben hat Großes vor: Sie will nach 1200 Jahre alten Plänen eine mittelalterliche Klosterstadt mit 40 Häusern...
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Norbert von Thule
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Norbert von Thule »

Heute in der Schwäbischen Zeitung
Simone Dürmuth hat geschrieben:
Mittelalterliche Baustelle schafft 40 Arbeitsplätze

Zwischen Rohrdorf, Heudorf und Meßkirch will der Verein Karolingische Klosterstadt e.V. nach dem historischen Sankt Galler Klosterplan eine Klosterstadt bauen (die SZ berichtete). Schon jetzt planen Filmproduzenten, die Baustelle als Kulisse zu verwenden. Auch haben sich bereits sechs Handwerker um eine Stelle im mittelalterlichen Dorf beworben.

„Für mich und alle die weiter im Norden leben liegt Meßkirch am Bodensee,“ begründet Bert M. Guerten, erster Vorsitzender des Vereins Karolingische Klosterstadt e.V., warum er sich genau diesen Flecken Erde für sein Projekt ausgesucht hat. Er hofft, dass darum nicht nur speziell am Mittelalter Interessierte kommen werden, sondern dass auch einige reguläre Bodensee Besucher die 30 Kilometer fahren, um die quasi historische Großbaustelle zu besichtigen.
Bevor der Verein jedoch an Meßkirch herantrat, nahm er Kontakt mit verschiedenen anderen Städten auf. Radolfzell war interessiert, konnte aber die gewünschten 12 Hektar nicht zur Verfügung stellen. Auch in der Eifel hatte es Guerten besucht ”“ dort ist man aber mit einem Projekt am Nürburgring beschäftigt und kann die zusätzlichen finanziellen Mittel für den Bau der Klosterstadt nicht beibringen.
Dass das Projekt am Ende im Raum Meßkirch verwirklicht wird, scheint nicht die schlechteste Option: Der Plan wurde auf der Insel Reichenau gezeichnet und seit Jahren im historischen Museum der Stadt Sankt Gallen verwahrt. Ist also im weiteren Sinne ein Kind der Bodensee-Region. Und so möchte Geurten auch Handwerker aus der Region auf seiner Baustelle beschäftigen: „Ungefähr 35 bis 40 Mitarbeiter werden wir einstellen.“ Dabei soll es auch Plätze für Praktikanten geben. Auch Langzeitarbeitslosen könnte man auf der Baustelle eine Chance geben. „Die meisten werden aber fest angestellt sein und regulär bezahlt werden.“ Auch in den Wintermonaten, wenn die Baustelle geschlossen ist. Dafür wird dann im Sommer an den Wochenenden durchgearbeitet. Auch die Besucher dürfen kräftig mit anpacken. Sechs Bewerbungen sind bereits beim Verein eingegangen.
Wissenschaftler reden mit
Damit in der karolingischen Klosterstadt auch alles mit rechten Dingen zugeht, wird es einen Wissenschaftsberat geben, der in regelmäßigen Sitzungen über Details des Plans diskutieren wird. „Der Plan an sich stimmt ja, der ist historisch. Aber wie man ihn interpretiert ist die Frage. Wir wissen zum Beispiel nicht, ob die Kirchtürme nun zehn oder 20 Meter hoch sein sollen,“ erklärt Bert Geurten die Funktion des Beirats.

Universitäten kooperiern

Darüber hinaus sind zahlreiche Kooperationen mit verschiedenen Universitäten geplant. Mit Professoren der Universitäten in Wien, Aachen und Köln, hat der Initiator des Projekts bereits Kontakt aufgenommen. Auch die University of Calfornia, die sich bereits seit 30 Jahren mit dem Sankt Galler Klosterplan beschäftigt, soll mit ins Boot geholt werden. Weitere Kooperationen könnten mit den Universitäten Konstanz und Sankt Gallen entstehen. Besonders Interessant wäre eine Kooperation für die archäologischen Institute an den Universitäten. Denn hier würden sie nicht nur anhand von Computersimulationen Theorien entwerfen, sondern diese direkt in die Tat umsetzen.
Und wenn die Klosterstadt nach schätzungsweise 40 bis 50 Jahren fertig gestellt ist, „dann lebe ich schon längst nicht mehr,“ scherzt Geurten. Das hindert ihn aber nicht daran, bereits Pläne für die Zeit danach zu schmieden: So könnte die Klosterkirche, die 2000 Menschen fassen wird, für Konzerte genutzt werden. Auch werden eine Pilgerherberge und ein königliches Hotel errichtet, in denen Schulklassen oder Touristengruppen das mittelalterliche Leben nachempfinden könnten. Diverse Filmproduktionen und Musicalfirmen haben auch schon Interesse an der Stadt als historische Kulisse angemeldet. „Am 28. Januar 2014 jährt sich der Todestag von Karl dem Großen zum 200. Mal. Ich bin mir sicher, dass uns Dokumentarfilmer dann die Tore einrennen werden,“ blickt Geurten optimistisch in die Zukunft.
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Norbert von Thule
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Norbert von Thule »

Neues aus dem Südkurier:
Gregor Moser hat geschrieben:
Stadt soll bis zu 400 000 Euro zahlen

Nach anfänglichem Zögern beziffert Meßkirchs Bürgermeister Arne Zwick den kommunalen Eigenanteil für geplante Klosterstadt.

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Der städtische Anteil an der Anschubfinanzierung für die Klosterstadt zwischen Rohrdorf und Heudorf (der Südkurier berichtete) soll zwischen 200 000 und 400 000 Euro liegen. Das sagte Bürgermeister Arne Zwick auf Anfrage. Dieses Geld sei für einen Zeitraum von drei bis vier Jahren gedacht. Damit sich das Projekt rechnet, seien bei der anfänglich geplanten Personalausstattung 120 000 Besucher im Jahr nötig, fährt Zwick fort. Die Klosterstadt werde erst mit den Jahren größer werden. Auch die zu Wochenbeginn genannte Zahl von 300 000 Besuchern halte er für realistisch, sagt Zwick. Am Bodensee gebe es mehrere Millionen Touristen im Jahr und Meßkirch liege gerade einmal 15 Kilometer Luftlinie vom See entfernt.
Gestern nahmen Zwick und Bert M. Geurten, Vorsitzender des Vereins Karolingische Klosterstadt, an einer Sitzung der Leader-Aktionsgruppe Oberschwaben teil, wo sie das Projekt vorstellten. Heinrich Güntner, Vorsitzender der Leader-Aktionsgruppe, sprach von einer ersten Besprechung, in der es keine Entscheidung über Zuschüsse geben werde. Gleichzeitig nannte er das Projekt eine „riesen Chance für die ganze Region“. Mit dem Schloss Meßkirch und den Burgen im Donautal passe es in die Raumschaft. Dass sich die geschichtsinteressierten Touristen dann auch für Meßkirch interessierten, liege nahe, sagt Güntner. Es müsse dann auch eine Infrastruktur geben, um die Touristen vor Ort zu versorgen.
Für Rolf Vögtle, Erster Landesbeamte des Landkreises Sigmaringen, zeigt sich ebenfalls beeindruckt von dem Plan. Das Landratsamt als Genehmigungsbehörde würde mit dem Vorhaben, bei dem es voraussichtlich keinen Bauplan geben wird vor eine Herausforderung gestellt. Hürden werde es so in den Bereichen Naturschutz, Arbeitsschutz oder Baurecht geben. Mit „Kreativität“ könne aber auch einiges gelöst werden, sagt Vögtle weiter. Auf der französischen Mittelalterbaustelle in GuÁ©delon, die als Vorbild für die Klosterstadt dient, würden Sicherheitshelme der Arbeiter mit mittelalterlichen Mützen verdeckt, um so den Eindruck einer Zeitreise zu wahren, gibt Vögtle ein Beispiel wieder. Auch wenn Lasten an einer Winde in die Höhe gezogen werden, müsse die natürlich den geltenden Sicherheitsbestimmungen entsprechen.
Die Klosterstadt könne ein Alleinstellungsmerkmal für die Stadt werden, sagt Vögtle. Über die Bezuschussung werde man noch sprechen müssen, doch er gehe von einem „relativ geringen Betrag“ aus. Seitens des Landratsamtes werde zunächst jedoch abgewartet, wie sich der Meßkircher Gemeinderat zu dem Projekt stellt.


"Wir wollen die Menschen mitnehmen"

Ein Gespräch über die geplante Klosterstadt in Meßkirch mit Bert M. Geurten, Vorsitzendem des Vereins Karolingische Klosterstadt.

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Südkurier-Redakteur Gregor Moser (links) besucht Bert M. Geurten beim Frühstück im CafÁ© Brecht, in dem der Aachener in dieser Woche wohnt.

Auf ein Wort mit… Bert M. Geurten über den Verein Karolingische Klosterstadt und warum das Projekt zunächst klein beginnen soll.

Gregor Moser: Herr Geurten, diese Woche war viel von der Klosterstadt und dem dahinterstehenden Verein die Rede. Wie lange gibt es den denn schon?

Bert M. Geurten: 2006 habe ich einen Bericht über GuÁ©delon im Fernsehen gesehen und mir gesagt, so etwas machen wir. Der Verein ist 2006 als gemeinnützig eingetragen worden. Ich habe 40 ehrenamtliche Mitstreiter und wenn die Klosterstadt kommt wird ein Teil von uns nach Meßkirch ziehen, um vor Ort zu arbeiten.

Gregor Moser: Was hat der Verein in der Vergangenheit getan?

Bert M. Geurten: Wir haben viele Stunden aufgebracht, um die Grundlagen zu schaffen. Es wurden aber auch 40 000 Euro ausgegeben, um Werkzeuge, Schwerter oder handgemachte mittelalterliche Gewänder aus Schurwolle zu fertigen, die die Arbeiter tragen sollen und die wir auch im Regen getestet haben.

Gregor Moser: Wie soll es jetzt weitergehen?

Bert M. Geurten: Wir wollen 2011 nutzen, damit sich die Meßkircher an uns gewöhnen. Wir wollen Kontakt knüpfen zu den Schulen, den Kirchen und Unternehmen. Wir wollen die Menschen mitnehmen, so dass alle davon profitieren. Es wird überlegt, ob die Gewerbe- und Handelsvereinigung am Anfang des nächsten Jahres eine Informationsveranstaltung mit uns für die Bürger organisiert.
Jolande
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Jolande »

Mittlerweile scheinen wohl auch die Initiatoren vor der allerletzten Hürde stehen, sonst würde dieser Artikel nicht auf der Homepage der Stadt Meßkirch stehen:
Karolingische Klosterstadt Meßkirch
Logo Karolingische Klosterstadt
Vom Plan auf Pergament zur Klosterstadt aus Stein und Holz

Der Verein „Karolingische Klosterstadt“ plant in Anlehnung an den weltberühmten Klosterplan von Sankt Gallen, den Bau einer Klosterstadt der Karolingerzeit. Der Plan (entstanden Anfang des 9. Jahrhunderts) wurde nie in seiner Gesamtheit in die Tat umgesetzt. Jetzt, fast 1.200 Jahren nach der Entstehung, soll der Plan in seiner Gesamtheit in einer Bauzeit von rund 40 Jahren entstehen; ausschließlich mit den Mitteln des 9. Jahrhunderts.

Geplanter Baubeginn ist Ostern 2012. Ab dieser Zeit ist die Baustelle auch für Besucher geöffnet, die dann vor Ort Schritt für Schritt das Entstehen der karolingischen Klosterstadt erleben können.

Modell Karolingische Klosterstadt

Entstehen soll die Anlage in Meßkirch, Luftlinie ca. 15 km vom Bodensee entfernt. Von Ostern bis Sankt Martin ist die frühmittelalterliche Baustelle jeweils geöffnet; im Winter ist sie geschlossen.

Sobald die ausstehenden Genehmigungen in ihrer Gesamtheit im Frühjahr 2011 vorliegen, werden wir Sie auf www.karolingischeklosterstadt.com ausführlich informieren. Bis dahin werden Sie automatisch auf die Internetseite der Stadt Meßkirch im Kreis Sigmaringen weitergeleitet. So können Sie sich schon einmal ausführlich über die Stadt, in der der große Philosoph Martin Heidegger geboren wurde und in der das außergewöhnliche Projekt einer karolingischen Klosterstadt entstehen soll, ausführlich informieren.

Wir würden uns sehr freuen Sie auf dem Baugelände der karolingischen Klosterstadt in Meßkirch ab Ostern 2012 begrüßen zu können. Es lohnt sich!


Ihr Verein „Karolingische Klosterstadt“
Quelle: http://www.messkirch.de/ceasy/modules/c ... PageId=673

Ich bleibe dran.
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Norbert von Thule
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Norbert von Thule »

Heute auf NTV:
Ochsengespanne und Muskelkraft

Meßkirch baut auf Mittelalter


Eine mächtige Kathedrale soll es geben, und alles soll sein wie im Mittelalter: Völlig ohne moderne Maschinen will ein Verein in Meßkirch ein ganzes Kloster aufbauen. Die Bürger hielten das lange für eine Schnapsidee - inzwischen sind viel begeistert von dem Plan. Er soll Touristen anziehen: Ab 125.000 Besuchern pro Jahr ließen sich die Baukosten aus den Eintrittsgeldern finanzieren.

Am Anfang klang es für die meisten wie ein wirrer Traum von ein paar Mittelalter-Freaks: Mit Ochsen und Muskelkraft will ein Verein in Meßkirch (Baden-Württemberg) eine ganze Klosterstadt aufbauen. Zahlreiche Anwohner waren von dem Mammut-Projekt gar nicht begeistert - aber die Stimmung scheint sich zu drehen: Bei einer Bürgerversammlung am Samstagabend kamen von den rund 300 Besuchern viele positive Rückmeldungen für die deutschlandweit einzigartige Baustelle, die jedes Jahr tausende Gäste in die strukturschwache Region locken soll. Schon im kommenden Jahr könnte es losgehen.

Bild
Bilder (DPA:) Bert Geurten, Vorsitzender des Vereins Karolingische Klosterstadt (links oben), Modell der geplanten mittelalterlichen Klosterstadt ”¨(darunter), Steinmetz Oliver Kachel formt aus einem unförmigen Felsblock einen akkuraten Mauerstein ”¨(daneben)

Mit Axt, Hammer und Meißel

Mit aller Wucht schlägt Oliver Kachel mit seiner Axt auf einen unförmigen Felsblock, bis nach und nach ein akkurater Mauerstein entsteht. Steinmetze, die wie er noch ganz ohne Maschinen arbeiten, würden auf der Kloster-Baustelle viele gebraucht. Als Kachel bei der Bürgerversammlung zeigte, wie sich mit Axt, Hammer und Meißel Baumaterial für eine ganze Stadt herstelle lässt, waren viele Besucher überzeugt, dass das Projekt tatsächlich klappen kann.
70 bis 80 Arbeitsplätze würden entstehen, erzählt Bert Geurten, der Vater der Idee und Vorsitzender des Vereins Karolingische Klosterstadt. Steinmetz Oliver Kachel will auf jeden Fall dabei sein. Im Alltag sei ein Steinmetz heute damit beschäftigt, mit modernen Maschinen Grabsteine oder Küchenplatten herzustellen. Mit seinen eigenen Händen zu arbeiten so wie im Mittelalter, das reizt ihn. "Das ist schon was für die Seele, einen Stein von Hand zu bearbeiten."
Für Historiker und Archäologen wäre die Baustelle eine Sensation, sagt Geurten. In Europa gibt es bislang nur ein vergleichbares Projekt im französischen GuÁ©delon. Zahlreiche Forscher hätten sich bei ihm gemeldet, die die mittelalterliche Baustelle wissenschaftlich begleiten wollen. "Das ist ein Stück Weltkulturerbe", schwärmt Geurten. Seit der gelernte Journalist vor über 40 Jahren ein Modell des Kloster-Bauplans gesehen hat, ist seine Fantasie entfesselt: Er will diese Stadt bauen - nicht als Modell, sondern in Originalgröße auf zwölf Hektar Fläche. Rund 40 Häuser und eine Kathedrale für 2000 Menschen sollen entstehen, und zwar ganz ohne moderne Maschinen.

Experten halten Idee für lukrativ

Während Geurten von der kulturhistorischen Bedeutung des Projekts spricht, denken viele Kommunalpolitiker vor allem an die Touristen, die die Baustelle anlocken könnte. Experten halten den Bau der mittelalterlichen Klosteranlage für durchaus lukrativ. Die Baustelle könnten jedes Jahr mindestens 180.000 Besucher sehen wollen, heißt es in einem Gutachten der Dualen Hochschule Ravensburg, aus dem Bürgermeister Arne Zwick am Wochenende erste Ergebnisse bekanntgab.
Damit wäre die Baustelle innerhalb kürzester Zeit rentabel. Ab 125.000 Besuchern pro Jahr ließen sich die Baukosten aus den Eintrittsgeldern finanzieren, rechnet Geurten vor. In den ersten Jahren, bis diese Grenze erreicht ist, müsste allerdings die Stadt Meßkirch eine Anschubfinanzierung von mehreren hunderttausend Euro leisten. Nicht alle Bürger finden das gut. "Die haben bei der Stadt nicht mal das Geld, die Löcher in den Straßen zu flicken, und hier sind plötzlich ein paar Hunderttausend da", schimpft eine 54-Jährige.

Viel Verkehr für kleinen Ort

Die Menschen im direkt betroffenen Ortsteil Rohdorf sorgen sich außerdem wegen der Verkehrsbelastung. Wenn mehrere tausend Besucher pro Jahr mit Autos und Reisebussen anrücken, dann werde der 850-Einwohner-Ort nicht mehr derselbe sein, sagt eine Anwohnerin.
Trotzdem ist der erste große Protest gegen das Mammut-Projekt in Meßkirch abgeflaut. Auch in den politischen Gremien zeichnet sich eine Mehrheit für die Klosterstadt ab. Entscheidend ist nun, ob die Stadt dem Verein die nötige Anschubfinanzierung zur Verfügung stellt. Die Entscheidung darüber soll in den nächsten Monaten fallen.
ElBöschidente
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von ElBöschidente »

ihr wollt mir doch nicht erzählen dass die sich das so vorgestellt haben in diesem raum da mit nem leonardo carbone hemd über den klamotten die steine zu klopfen?
:101 :061 Aglar ea! :061 :101
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Nicole
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Nicole »

GuÁ¨delon funktioniert, weil es am Bau die mittelalterlichen Konzepte berücksichtigt, auch wenn dort ABMler in Quasi-Normalklamotte arbeiten.http://www.guedelon.fr/fr/

Der Plan des Klosters St. Gallen, auf den sich Messkirch bezieht ist dieser: http://de.wikipedia.org/wiki/St._Galler_Klosterplan
Dieser ist streng nach den funktionnellen Notwendigkeite eines Klosters ausgelegt, jedes Gebäude hat sein Aufgabe etc.
Die Klosteranlage ist für rund 300 Personen gedacht, nicht für 2000. Wie lange wollen die zu 40 Hanseln dran bauen? Guedolon (deutlich kleiner) wird von 50 Leuten bearbeitet und ist auf 25 Jahre ausgelegt....

Der Plan sieht schon wieder ganz anders aus, als das Modell, die Höhe der Kirche war mit damaligen Massnahmen nicht zu erzielen (in der Tat gab es diese hohen Kirchen erst mit Einsatz der Gotik, die das typische Strebewerk aufweisen, die gebraucht wurden,um die Wände zu stabilisieren(http://www.kathedralenbau.de/index.html, http://www.rudis-kunstgeschichten.de/strebewerk.jpg).

Eine Kathedrale ist ein Bischofssitz, im Kloster St. Gallen gab es einen Abt...mal wieder nichts Halbes und nichts Ganzes.

Steuergeldverschwendung.
MfG
N.
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von maggus »

Moin,

meine Güte, ihr habt ein paar Infos aus Quellen bekommen, die bei dpa abgeschrieben haben (außer Südkurier war glaube ich niemand vor Ort, bei NTV wird explizit dpa als Quelle angegeben) und offenkundig keine Ahnung von der Materie haben.
Natürlich hat eine romanische Kirche kein gotisches Strebewerk. Trotzdem kann eine romanische Kirche, etwa Dom von Speyer, ganz gewaltige Ausmaße annehmen. Abgesehen davon, ist das gezeigte Modell eine Laien-Arbeit, die wissenschaftlich völlig unfundiert ist. Und auch nicht von dem Verein Karolingische Klosterstadt gebaut oder in Auftrag gegeben wurde. Erstellt hat das schon vor längerem ein lokaler handwerker. Der Verein spricht von einer Kirche, nicht Kathedrale. Die erwähnten 2000 Leute bezeichnet im übrigen die Kapazität der Kirche, nicht die permanenten Bewohner (das sind die 300). So verwunderlich ist das nicht, in einer Pfarrkirche kommen in dieser Zeit gerne mal ein paar Dörfer zusammen...

Natürlich stellt sich der Verein auch keine Leonardo Carbone Hemden vor. Das war einer der Handwerker, der sich für das Projekt begeistert hat, aber bisher eben nur sowas hat. Dass er (und manch andere auch) sowas trugen, fand ich auch wenig förderlich. Für die (handgewebten und -genähten) Rekonstruktionen von Kleidung, Werkzeug etc. zeichnet Andreas Sturm verantwortlich, vielleicht bekannt von http://www.rete-amicorum.de/indexd.html oder http://www.livehistory.de/.

Weiterhin ist ein wissenschaftlicher Beirat im Aufbau, die Uni Hamburg sowie die Stiftsbibliothek St. Gallen sind bereits involviert.

Um zum Schluss zu kommen, ich bin als Historiker und Student der Archäologie bei der Infoveranstaltung gewesen, nicht weil ich in dem Verein bin, sondern weil ich das Projekt sehr spannend, und nach bisherigem Stand auch wissenschaftlich sehr fundiert finde. Die genaue Information vor Ort hat bei mir für die jetztige Phase erstmal die Zweifel ausgeräumt, die ich - wie ihr jetzt - aufgrund der schlechten Presseberichte hatte. Die Leute, die das machen, denken drüber nach und bauen keinen Spielplatz. Ob da Steuern verschwendet werden, entscheidet dann die Gemeinde, die vermutlich unterm Strich eher Gewinn als Verlust macht. Okay, das kann schiefgehen, aber das ist dann halt das Risiko, das jede Investition mit sich bringt.

Liebe Grüße
maggus
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Nicole »

Hi Maggus,

püh, je länger ich mich wegen deines Eintrages mit dem Thema beschäftige, desto schlimmer finde ich das Vorhaben.

Der Klosterbauplan St. Gallen ist frühmittelalterlich. Der Speyrer Dom liegt im Hochmittelalter, bestenfalls an der Grenze zwischen Früh- und Hochmittelalter.
Speyrer Dom auf Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Speyerer_Dom. Der ist zwar romanisch, aber später entstanden und mehrfach wieder aufgebaut worden. D.h., der heutige Dom entspricht nicht den ursprünglichen Massen. Die Fläche der Kirche ist nicht das Thema, sondern die Höhe von 33 Metern. Die passt nicht in den karolingischen Zeitraum. Ein Beispiel erhaltener karolingischer Architektur, ebenfalls aus der Schweiz:
http://www.myswitzerland.com/fr/destina ... -jean.html
http://www.ask.com/wiki/Benedictine_Con ... Saint_John
http://www.muestair.ch/

Um mal verschiedene Ansichten der Gebäude zu zeigen.
Dass man auf den Speyrer Dom zurückgreifen muss, um eine Vorlage aus der karolingischen Zeit zu finden, ist wissenschaftlich völliger Unsinn, wenn man auf karolingische Vorbilder zurückgreifen kann, die eindeutig weniger hoch sind als die Kirche in den Modellen.
Zwischen St. Gallen und Speyer liegen 200 Jahre, das ist (bau)geschichtlich betrachtet eine Menge, und das sollte gerade einem Historiker und Studenten der Archäologie klar sein.

Wie gross war denn wohl im Mittelalter die Besiedlung der umliegenden Dörfer? Aus welchem Umkreis konnten die Leute wohl zu Fuss zur Messe gehen? Wie viele der umliegenden Dörfer hatten alternative Transportmöglichkeiten wie Pferde, um mal fix zwischen Melken und Mittag essen zur Kirche zu eilen?
Davon abgesehen: Eine Pfarrkirche ist nicht das gleiche wie eine Klosterkirche. Auch das sollte jemanden, der sich mit der Thematik beschäftigt, relativ schnell auffallen.
Hier gibt es deutliche Fehler, sowohl die religiöse als auch die geschichtliche Lebenswelt betreffend.

Der Bauplan der Klosteranlage ( http://www.stgallplan.org/de/) gibt jeweils den Verwendungszweck der Gebäude wieder. Grob gesagt handelt es sich bei diesem Kloster um ein in sich geschlossenes Konzept eines mittelalterlichen Krankenhauses mit den dafür erforderlichen Wirtschaftsgebäuden. Das ist St. Gallen.
Unter http://www.livehistory.de/ ist das Konzept der karolingischen Domstadt als pdf verlinkt, für Interessierte. Aha, hier spricht man also auf einmal von einer STADT, einer monastic city, also in etwa dem, was Aachen zur Zeit der Karolinger gewesen ist, wohingegen das Konzept von St. Gallen das eines Klosters, eines monastery ist.

Das waren lediglich Bedenken, die das Konzept von "Messkirch will Mittelalter" nachbauen betreffen.

GuÁ©delon liegt in der französischen Bourgogne. Frankreich ist ein klassisches Urlaubsland. Deutschland nicht.
GuÁ©delon beruht auf nachweisbaren Baufunden des hohen Mittelalters, der Aufbau der Mauern etc ist bekannt.

Die dementsprechenden Funde für das Kloster sind eher mau. Wenn der Speyrer Dom nachgebaut werden soll, mit mittelalterlichen Mitteln, schon mal die Fundamente des Kölner Doms angeschaut? Na, danke.

Der Gebäudekomplex in GuÁ©delon ist wesentlich kleiner als der in Messkirch geplante. Das ist mit einer um 5 Jahre längeren Bauzeit mit 10 ABMlern nicht zu schaffen, insbesondere nicht in Anbetracht der Tatsache, dass sich eine ABM generell nur über ein Jahr erstreckt und wie im pdf von Andreas Sturm angemerkt die ABMler erst einmal in die Arbeitsweise mittelalterlichen Bauens eingeweiht werden und publikumsbezogenes Arbeiten lernen müssen.

Ich bezweifle, dass die Arbeiter ohne Sicherheitsschuhe auskommen. Das ist aktuelle Gesetzgebung, Versicherungsschutz und durchaus sinnvoll. Insofern ist die Frage, wer denn die handgewebten Sachen anziehen soll. Welcher Handwerker kriegt schon gerne eine Lungenentzündung, wenn er mit durchnässter Wollkleidung baut. Der Schwund an mittelalterlichen Handwerkern war eindeutig höher.

Ob nun Rete, St Gallen und wer auch immer daran teilhat, insgesamt ist das Projekt fraglich. Dass sie sich daran beteiligen, ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass in der Museumslandschaft das Geld sehr knapp bemessen ist und dieses Unternehmen eine Möglichkeit ist, für sich selbst Publicity zu machen ohne anderes als Zeit investieren zu müssen. In der ansonsten sehr gelungenen Ausstellung in Herne waren übrigens auch Leonardo Carbone Klamotten im Mitmachteil der Ausstellung.

Seit 2003 bin ich auf Museumsveranstaltungen. Zeitweilig mit Rete. Mit wissenschaftlichem Arbeiten bin ich sehr vertraut.

Herzlichen Gruss
Nicole

P.S. Weil's ein schönes Beispiel für Rekonstruktion ist: http://www.univie.ac.at/keltologie/reko ... _wohn.html
Cito, tuto et iucunde
maggus
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von maggus »

Nicole hat geschrieben:Hi Maggus,

püh, je länger ich mich wegen deines Eintrages mit dem Thema beschäftige, desto schlimmer finde ich das Vorhaben.
Das ist insofern schonmal gut, da deine Kritik nun nicht mehr auf der Berichterstattung der Presse basiert, sondern fachlich und sachlich über diese hinausgeht. Einige Einwände sind mit Sicherheit auch sehr berechtigt.
Ich habe gerade leider sehr viel zu tun und muss eine ausführliche Antwort auf später vertagen. Spätestens Anfang Mai hole ich die aber nach.

lg maggus
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Norbert von Thule
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Norbert von Thule »

Heute in Spiegel-Online:
Großprojekt in Baden-Württemberg

Minister gibt grünes Licht für Mittelalter-Stadt

Städtebau mit Ochsen und Muskelkraft: Nur mit mittelalterlichen Techniken soll in Baden-Württemberg eine Ortschaft mit riesigem Kloster entstehen - nach Plänen aus dem 9. Jahrhundert. Die Baustelle soll zur Touristenattraktion werden.

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Modell der geplanten Klosterstadt: Die Baustelle soll zur Touristenattraktion werden

Dem Bau einer mittelalterlichen Klosterstadt in Baden-Württemberg steht fast nichts mehr im Wege. Das Ministerium für Ländlichen Raum habe grünes Licht für die Finanzierung des Mammutprojekts gegeben, sagte Minister Alexander Bonde (Grüne) am Freitag in Stuttgart. Nur mit Ochsen und Muskelkraft will ein Verein in Meßkirch nördlich des Bodensees innerhalb von 40 Jahren eine ganze Klosterstadt mit einer Kathedrale für 2000 Menschen aufbauen und damit Touristen in die strukturschwache Region locken. Wenn nun wie erwartet auch der Gemeinderat zustimmt, können die Bauarbeiten im kommenden Frühjahr starten.
Grundlage für das Projekt ist der berühmte Klosterplan von St. Gallen, der im 9. Jahrhundert auf der Bodensee-Insel Reichenau gezeichnet, allerdings nie verwirklicht wurde. In Meßkirch soll die Klosterstadt nun tatsächlich gebaut werden - und zwar ausschließlich mit den Mitteln und Methoden des 9. Jahrhunderts.
Während der Bauarbeiten sollen Besucher miterleben können, wie die Klosterstadt Schritt für Schritt entsteht, bis zu 180.000 Gäste werden einem Gutachten zufolge pro Jahr auf der Baustelle erwartet. Bis sich die Bauarbeiten aus den Eintrittsgeldern finanzieren, ist die Baustelle allerdings auf eine große Geldspritze angewiesen. Rund eine Million Euro müssen die Stadt Meßkirch, die EU und das Land zahlen.
Ein ähnliches Projekt wird derzeit bereits im französischen GuÁ©delon, rund 200 Kilometer südlich von Paris, mit Erfolg umgesetzt. Dort wird eine mittelalterliche Burg gebaut.
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Norbert von Thule
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Norbert von Thule »

Aus der Schwäbischen Zeitung:
Dirk Thannheimer hat geschrieben:ӬӬ

Ministerium sagt Ja zur Klosterstadt

Fördermittel in Höhe von 450 000 Euro fließen in das Großprojekt ”“ Voraussichtlicher Baubeginn ist 1. Juli 2012

Im Meßkircher Rathaus und in Aachen, der Heimatstadt von Bert M. Geurten, Vorsitzender des Vereins karolingische Klosterstadt, sind die Sektkorken geknallt, nachdem am Freitagmorgen das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz 450 000 Euro Fördermittel ”“ 330 000 Euro von der Europäischen Union und 120 000 Euro Landesmittel ”“ für die karolingische Klosterstadt zwischen Rohrdorf und Langenhart bewilligt hat. Die Stadt Meßkirch hatte vor einiger Zeit Fördermittel in genau dieser Höhe aus dem EU-Förderprogramm Leader zur Entwicklung des ländlichen Raums beantragt. Mit den bewilligten Zuschüssen des Landes, der Unterstützung des Landkreises und der Investition der Stadt Meßkirch ist die Finanzierung damit gesichert. Insgesamt umfasst das Projekt ein Investitionsvolumen in Höhe von 710 000 Euro.
„Mit der Klosterstadt verfolgt die Stadt Meßkirch eine Projektidee, die zweifellos eine spannende Aufgabe, aber ebenso auch eine große Herausforderung für alle Beteiligten darstellt. Dadurch wird einer breiten Öffentlichkeit praxisnah historisches Erbe des Landes vermittelt“, sagte der zuständige Minister Alexander Bonde gestern in Stuttgart. Gleichzeitig sollen Arbeitsplätze geschaffen und die Attraktivität der Region auch für die im Raum Meßkirch lebenden Menschen gestärkt werden, ergänzte er. „Jetzt haben wir es schwarz auf weiß. Mit dem Bau der Klosterstadt kann begonnen werden“, sagte Geurten, der sich erst einmal einen Schluck Champagner genehmigen wollte. Für den 62-Jährigen, den anfangs viele Meßkircher wegen seiner Idee, eine Klosterstadt aus dem neunten Jahrhundert nur mit Ochsen und Muskelkraft nachzubauen, für einen Spinner hielten, sei es eine Genugtuung, dass die politische Entscheidung pro Klosterstadt getroffen wurde. „Eigentlich ist es ganz zügig gegangen“, so Geurten.

Etwas nervös geworden

Nur in den vergangenen Wochen, als er täglich auf die frohe Botschaft aus Stuttgart wartete, wurde der Initiator etwas nervöser. Er sei aber immer optimistisch gewesen, dass es mit dem Projekt klappe. Auch Bürgermeister Arne Zwick wurde auf die Geduldsprobe gestellt, hatte aber nie das Gefühl „auf das Abstellgleis gestellt zu werden“. Im Gegenteil: „Wir haben gemerkt, dass sich das Ministerium intensiv damit beschäftigt und stets bemüht war, das Projekt zu einem positiven Ende zu bringen. Die Rückmeldungen waren aber durchweg positiv“, so Zwick.
Warum sich das Ministerium dennoch Zeit ließ: „Die Auswirkungen auf die gesamte Raumschaft mussten wegen der Besonderheit des Projekts, vor allem im Hinblick auf die 40-jährige Laufzeit, geprüft sowie Chancen und Risiken gegeneinander abgewogen werden“, sagte Bonde. Die Prüfung der Bewilligung als Leitprojekt habe sich als schwierig erwiesen. Ein Leitprojekt ist innovativ und hebt sich in seiner Bedeutung für die Region deutlich von anderen Projekten ab. „Diese Charakteristika sind bei der karolingischen Klosterstadt gegeben“, so Bonde.
Für Bert M. Geurten und die Meßkircher Stadtverwaltung geht die Arbeit jetzt aber erst richtig los. Denn am 2. April 2012 soll die Baustelle erstmals betreten und am 1. Juli die ersten Besucher empfangen werden. Geurten führt nun in den nächsten Wochen und Monaten Gespräche mit Bewerbern, die auf der Baustelle arbeiten wollen. Rund 20 Handwerker ”“ Schreiner, Schmiede oder Steinmetze ”“ sollen Anfang Juli ausschließlich mit Methoden und Mittlen des neunten Jahrhunderts starten und so Tausende von Besuchern auf die Baustelle locken. „Wir hoffen doch sehr, dass dadurch der Tourismus gefördert und beflügelt wird, und die heimische Gastronomie davon profitiert“, so Zwick.
Für den erleicherten Schultes und seine Mitarbeiter der Verwaltung geht es nun darum, in den nächsten Wochen und Monaten die Auflagen zu erfüllen. Bebauungsplanverfahren, Raumordnungsverfahren, Waldumwandlungsgenehmigung ”“ die deutsche gründliche Bürokratie lässt grüßen. Und damit auch der Stadtrat über die neuesten Entwicklungen und Vorhaben ausreichend informiert ist, gibt es am Dienstag, 27. September, eine Sondersitzung zur Klosterstadt. Denn der Stadtrat muss das Projekt noch genehmigen.
Die Pläne:

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Treffen vereinbaren mit Andreas Sturm (Bild) über: andreas.sturm@livehistory.de
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Zum Herunterladen: Karolingische Klosterstadt
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Norbert von Thule
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Norbert von Thule »

Die [url=http://www.swp.de/ulm/nachrichten/suedwestumschau/Klosterstadt-soll-Touristen-locken;art4319,1117089]Südwest Presse[/url] hat geschrieben:In Meßkirch sei das Interesse an den Plänen schon groß, sagt Bürgermeister Zwick. Das Projekt berge Chancen für die Direktvermarktung regionaler Produkte, der Klosterstadtverein könnte mit Erzeugern aus der Region zusammenarbeiten. Der Imkerverein denkt beispielsweise daran, Honig an die Baustellentouristen zu verkaufen, zwei Brauereien hätten schon nachgefragt - Klosterbier ließe sich bestimmt gut an den Mann bringen.
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Joakim von Scherberich
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Joakim von Scherberich »

Für 2030 plane ich auch noch immer meine Weltherrschaft :angst
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Montrose
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Montrose »

Falsch, mein Sohn! Dich stecken wir ins Kloster. In Meßkirch werden ja bald ein paar Zellen frei. :mrgreen:
Jolande
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Jolande »

Na, dann habt Ihr ihn aber noch ein wenig länger an der Backe, das dauert noch ein Weilchen :lol:
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Joakim von Scherberich
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Joakim von Scherberich »

Jolande hat geschrieben:Na, dann habt Ihr ihn aber noch ein wenig länger an der Backe, das dauert noch ein Weilchen :lol:
Mal den Teufel nicht an die Wand.
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Jolande
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Jolande »

Wenn er handwerklich begabt ist, gut anpacken kann und ansonsten nicht von morgens bis abends dumm rumplappert, wird er sicherlich herzlich willkommen sein.
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Joakim von Scherberich
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Joakim von Scherberich »

Jolande hat geschrieben:Wenn er handwerklich begabt ist, gut anpacken kann und ansonsten nicht von morgens bis abends dumm rumplappert, wird er sicherlich herzlich willkommen sein.
Das kann ich nicht versprechen.
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Tanja
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Tanja »

Und sowas will Johanniter Ritter sein?
Jolande
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Jolande »

Tja, mein lieber Joakim. Jetzt wirds ernst.

Die Klosterstadt wird gebaut.
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Joakim von Scherberich
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Re: Meßkirch will Mittelalter nachbauen

Beitrag von Joakim von Scherberich »

Jolande hat geschrieben:Tja, mein lieber Joakim. Jetzt wirds ernst.

Die Klosterstadt wird gebaut.
Ernst ist relativ :D
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