Gwynedd 10.04.09 auf Phoenix

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Norbert von Thule
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Gwynedd 10.04.09 auf Phoenix

Beitrag von Norbert von Thule »

Gwynedd - Die walisischen Burgen Edwards I. 10.04.09 auf Phoenix 10.30 - 10.45 Uhr

Gwynedd - eine raue Region im Norden von Wales, die seit Jahrhunderten von kleinen Adelsgeschlechtern regiert wurde - bis der englische König Edward I. im Jahr 1277 das Land unter seine Herrschaft brachte. Innerhalb von neun Jahren errichtete er neun neue Burgen in Nordwales und ließ zahlreiche andere restaurieren oder erweitern, um seinen Herrschaftsbereich zu sichern.

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Ein Augenzeugenbericht:
Horst Brandenburg hat geschrieben: Meine Geschichte spielt in der majestätischen Landschaft von Nord Wales, die seit Jahrhunderten, fernab des Weltgeschehens, von kleinen Adelsgeschlechtern regiert wird. Das Land liegt geschützt durch die hohen Berge Snowdonians und gut versorgt durch die fruchtbaren Hügel der Insel Anglesey. - Gwynedd - eine raue, paradiesische Region.
Aufruhr meldet sich 1277 als mein König, Edward I., das Land unter Englische Herrschaft bringt - was ihm gelingt.

Mit 15.000 Mann rückt Edward in Nord-Wales ein. Erobert Gwynedd im Sturm. Zur Sicherung unserer Herrschaft werden intakte Festungen beschlagnahmt, alte Burgruinen ausgebaut und eine Reihe neuer Herrschaftssitze in Auftrag gegeben.

Ich bin der Kurier des Königs und habe meinem Herrn Bericht zu erstatten, über den Stand der Bauarbeiten und die Lage im Land. Wie ein Adlerhorst, hochaufgebockt auf einen Felsen soll die Burg "Harlech" im Süden von Gwynedd ein Signal der neuen Macht in der Landschaft sein. Im Hintergrund die mehr als 1000 Meter hohen Berge von Snowdonia und am Fuße die Wellen des Atlantik. Selbst für mich ein schwer erreichbarer Platz, regiert von Felsen, Wind und Wasser. Wir haben starke Mauern errichtet, ein wahres Bollwerk gegen die Natur, aber auch natürlich gegen feindliche Übergriffe der Einheimischen, die immer wieder versuchen, die Arbeit zu unterbrechen. Im Inneren wird ein großer, quadratischer Hof angelegt, in dem man sich versammeln kann und der Schutz bietet vor dem immerwährenden Wind. 1283 hatten wir mit dem Bau begonnen, zunächst mit rund 30 Arbeitern, drei Jahre später sind die Festungsarbeiten auf ihrem Höhepunkt und ich zähle hier an die 950 Mann. 1289, nach sechs Jahren also, soll "Harlech" fertig sein. Ein stolzer Platz, der meinem Herrn alle Ehre macht, wie er sagt. Und der seit Jahrhunderten mystische Kräfte anzieht, wie der Volksmund erzählt. So wird "Harlech" gleichwohl ein Tor zu den Bergen wie auch eine Station zur See, wo wir Schiffe mit Nachschub empfangen können, da das Wasser bis an den Fuß des Felsens reicht. Über Jahre schon sind wir müde von der ungeheuren Aktivität, die König Edward entfacht. Drei neue Burgen bauen wir zeitgleich. Zwei volle Tagesritte entfernt liegt "Conwy" im Norden von Gwynedd. Dort am Ufer der breiten Mündung des Flusses Conwy, hält sich Edward am meisten auf, und schmiedet seine Pläne. Mit seinen vielen Türmen ein Rabennest, in dem die Strategien zur Landeroberung ausgehandelt werden und wo ich von meinem Herrn das Geld bekomme, um die Hundertschaften von Arbeitern zu bezahlen, die sich mittlerweile aus ganz Europa in dieser einst verlassenen Gegend tummeln.
Später werden sie sagen, "Conwy" habe etwas von "Windsor Castle". Jedenfalls sieht es ganz anders aus als "Harlech". Dafür sorgt ein gewisser James of St. George, der Baumeister des Königs. Er kommt vom Festland, aus den Alpen, aus Savoyen und ist der Beste unter den Festungs-Baumeistern, sagt man. Unsere dritte neue Burg liegt einen Tagesritt von Conwy nach Südwesten. Gegenüber der Insel Anglesy. Der Weg dorthin ist einigermaßen flach, da ich in Küstennähe bleiben kann. Mein Schimmel nimmt diese Strecke wie im Flug. "Cearnarfon" (s. Bild) ist ein himmlischer Ort, an dem die Nebel der Atlantikküste mit den Türmen der Festung spielen. Baumeister James of St. George hat bei ihrer Planung an die Stadtmauern von Konstantinopel gedacht: An deren historischen Bedeutung, deren Würde, aber auch an ihre Fremdartigkeit mit ihren sechs- und achteckigen Formen.
Er will einen eleganten, festlichen Rahmen schaffen für König Edward, einen Platz der zum Repräsentieren geeignet ist. Eine majestätische Burg, die sich mitsamt einer stadtumfassenden Mauer in voller Pracht von der Küste her zeigen und klarmachen wird: Hier wohnt der Herrscher von Wales. Dabei waren von Anbeginn die Bauarbeiten äußerst schwierig. Das gesamte Areal musste teilweise mit sechs Meter tiefen Fundamenten versehen werden, da der Untergrund morastig war.
Aber der Aufwand wird sich lohnen, denn "Cearnarfon" soll mehr Palast als Wehrburg sein. Am 25. April 1284 begehen wir alle hier einen Freudentag, denn im großen "Adlerturm" wird der erste Prince of Wales geboren, der später als Edward II. die Regentschaft übernehmen wird. "Cearnarfon" wird der Sitz der Prinzen von Wales. Zehn Jahre später wird "Cearnarfon" immer noch nicht ganz fertig sein, aber der Unmut der Bevölkerung entlädt sich hier und löst eine Revolte aus, die mein Herr Edward mit größter Entschiedenheit und Gewalt niederschlägt. Noch immer bin ich unterwegs, von "Harlech" nach "Conwy", die nun beide fertig sind und von "Cearnarfon" auf die Insel Anglesey. Dort, beschloss Edward, nochmals ein neues Refugium zu erbauen.
Vor den saftigen Hügeln der walisischen Küste an der Meeresenge zwischen Festland und Insel entsteht im Moor, daher der Name, "Beaumaris". Nach zwanzig Jahren des Umhertreibens, finde ich an diesem Ort Ruhe. Ein kompakter, streng geometrischer Bau, ohne aufstrebende Türme, flach, geduckt in der weiten Landschaft.
Obwohl es nach der Grundfläche die größte der Burgen Edwards wird, ist sie mit ihren runden, endlosen Mauern von tänzerischer Leichtigkeit. Ein Festort, ein Landsitz, an den sich Edward mit Familie und Gefolge und mit Gästen zurückzieht und auf eine erfolgreiche Eroberung von Gwynedd zurückschauen kann. Beaumaris wird als einer der edelsten, weil vollkommensten Bauten, des späten Mittelalters seinen Platz in der Kunstgeschichte einnehmen. Die Walisischen Burgen meines Herrn Edward haben mich die meiste Zeit meines Lebens auf Trapp gehalten. Ihre Geschichten sind so verschieden wie ihre Architektur, die Master James of St. George jedem einzelnen Bau zugeeignet hat. Aber eines haben sie alle gemeinsam: Eine perfekte Symbiose mit Natur und Landschaft. Auch einem gewissen William Turner, der die Burgen von König Edward I. zur Grundlage seiner malerischen Phantasien machen wird, fasziniert diese Symbiose. Dabei wird Turners Blick mit meiner Sicht nur noch wenig zu tun haben. Denn die Burgen werden zu jeder Zeit nach mir ihren eigenen Zauber entwickeln , als Zeugen einer Geschichte, die 1277 begann und die kein Ende finden wird.
(Quelle: Filmtext)
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