Phantomzeit

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Soluna
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Phantomzeit

Beitrag von Soluna »

Hab hier etwas Interessantes im Internet gefunden, es geht um die "verschwundenen Jahrhunderte" bzw um die "Phantomzeit" im Mittelalter, eine Verschwörungstheorie von Illig. :wink:


Originaltext von Heribert Illig "Thesen zur Phantomzeit"
(Direktlink: http://www.lelarge.de/thesen.html)
Enthält das frühe Mittelalter erfundene Zeit?
Heribert Illig

Die These, um die es hier geht, läßt sich in knappen Worten so darstellen: Rund drei Jahrhunderte (vorschlagsweise zwischen 614 und 911) stehen in den Geschichtsbüchern, ohne daß ihnen je reale Zeit entsprochen hat. Diese Pseudo-Zeit findet sich in all jenen Ländern zwischen Island und Iran, deren Geschichte miteinander synchronisiert worden ist. (Indien und China zählen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zu diesem Kreis). Personen und Kunstgegenstände, Bauwerke und archäologische Überreste, die dieser Phantomzeit zugeordnet werden, stammen aus anderer Zeit oder sind fiktiv [1]
Allen sich daran anschließenden Problemkreisen - etwa: wie kamen die Jahrhunderte in die Geschichtsbücher, wer war Urheber, wer waren die Ausführenden, was waren die Motive? - wird andernorts nachgegangen. Hier gebt es ausschließlich um das Fundament dieser These.
Die Beweisführung dafür folgte dem Grundsatz, Quellen und Artefakte möglichst präzis mit anderen Quellen und Artefakten zu kontrollieren. Aus dieser Beweisführung werden den einschlägigen Wissenschaftlern sechs Fragen vorgelegt, auf die es bislang - seit Januar 1996 diskutieren Mediävisten mein Thesengebäude öffentlich - keine zureichenden Antworten gab. Es geht bei dieser Auswahl um die Einordnung eines Kirchenbaus (Aachens Pfalzkapelle) in die Kunstgeschichte, um die unüberwindbaren Diskrepanzen zwischen Architektur und Schriftquellen (St-Denis). um das heikle Problem der gregorianischen Kalenderreform, die überwaltigende Fülle mittelalterlicher Fälschungen und die polare Deutbarkeit von Quellenmaterial (Wirtschaft).

1) Das Gewölbe der Aachener Pfalzkapelle
Im Zentrum meiner Argumentation steht 'das Herz' des Frankenreichs, die Aachener Pfalzkapelle. Bislang wurde weder ihre Datierung ("um 800") noch eine karolingerzeitliche Kernsubstanz angezweifelt. Aus den von mir aufgedeckten 24 Anachronismen dieses Bauwerks [1:222-305] wird nur einer vorgestellt: die Kuppel und ihre Konstruktion,
Das Oktogon von Aachen wird von einem sogen. Klostergewölbe von ca. 15 m Durchmesser überspannt, das ca. 30,50 m Höhe erreicht. Diese Kuppel ist aus Hausteinen gearbeitet und mißt an ihrer schwächsten Stelle 0,86 m. Damit steht Aachen als Bau ohne Vorläufer, ohne Nachfolger außerhalb der Architekturgeschichte. Denn die Römer haben große Kuppeln in Beton gegossen (z.B. Pantheon), die Rhomäer mit leichten Tonhohlkörpern gemauert (z.B. San Vitale, Ravenna). Beide Techniken können zur Schubableitung des viel schwereren Steingewölbes wenig beitragen, beide Techniken waren obendrein seit 230 respektive ca. 400 Jahren (Justinians Tod 565, sog. Tempel der Minerva Medica viell. 400) nicht mehr im Einsatz.
Die Franken selbst waren Holzbauer ohne Steintradition. Nachdem gleichwohl Aachen gegen 800 gewölbt worden sein soll, wurde die Technik des Kuppelbaus, ja der Wölbung nicht nur bis 970 kaum mehr ausgeübt, sondern so vollständig vergessen, daß es ab ca. 970 nicht mehr als 130 Jahre brauchte, um die Spanweiten von 3,50 m wieder auf Aachens 15 m zu bringen. (realisiert in Speyers Domvierung erst nach 1100). Die wenigen anderen der ‘Karolinger-Zeit’ zugewiesenen Bauten können Aachen weder vorbereiten noch fortsetzen.
Frage: Gibt es eine hinreichende Erklärung für diese Singularität innerhalb der bisherigen Architekturgeschichte?

2) Das Fehlen der Aachener Kulte
Die frappanten Widersprüche in der Figur Karls des Großen können nur die Aufblähung , aber nicht die Fiktionalität dieser Figur beweisen. Immerhin sind mindestens drei Mängel zu beklagen, die die Berichte über ihn, wenn nicht sein Dasein selbst in Frage stellen.
Das vergeblich in der Aachener Pfalzkapelle gesuchte Karlsgrab diskreditiert zunächst das Zeugnis von Einhard, dann auch die beiden angeblichen Gruftöffner Otto III. und Friedrich I. Barbarossa [1; 44ff]. Zum zweiten beschämt es die Nachwelt, denn ein Herrscher mit dem Nachruhm Karls, bestattet in einer außergewöhnlichen Kirche, müßte jahrhundertelange Grabesverehrung genießen. Doch gab es jahrhundertelang keinen Karlskult in Aachen (zumindes bis Otto III. anno 1000, im Grunde bis Barbarossa,1165).
Genausowenig gab es einen Reliquienkult um die von Karl zusammengetragenen Glaubenszeugnisse. Obwohl Reliquienverehrung für das gesamte Mittelalter unbestritten ist und Karls Martinsmantel als Reichsreliquie gelten durfte, verzichteten die Gläubigen wie der Ort Aachen über 400 Jahre lang auf das Vorzeigen der Reliquien (erstmals 1238 [1:332]).
Frage: Was sollten die Gründe dafür gewesen sein, daß Reich und 'Reichshauptstadt' über vier Jahrhunderte auf eine religiöse wie merkantile Nutzung ihrer Schätze - ob Reliquien, ob Karlsgedächtnis - verzichtet haben? Und warum registriert Aachen seinen 'Stadtheiligen' erst dann, wenn er in den Karlsschrein gelegt wird?

3) Antizipierendes Wissen
Hier werden nicht Horst Fuhrmanns "Fälschungen mit antizipatorischem Charakter" angeführt, da in der laufenden Diskussion immerhin versucht worden ist, sie in irgendeiner Weise zu motivieren. Es gibt weitere Anachronismen:
a) Anno 727 n. Chr, erklärte ein merowingischer Computist dieses Jahr für das 5928. Jahr nach Schöpfung. Damit war für das Jahr 800 n. Chr. der Beginn des siebten und letzten Jahrtausends, der Endzeit zu gewärtigen (gemäß damaliger Betrachtung zum Fest von Christi Geburt [2:32; 1:85f]).
Just an diesem Weihnachtsfest von 800 wurde Karl d. Gr. zum Kaiser gekrönt. Die kurzfristige und zeitweilige Vorverlegung des Jahresbeginns vom 1.1. auf den 25.12. bestätigte das prophezeite Datum und die unterstellte Gleichsetzung von Karl dem Großen und Christus als Weltenherrscher.

b) Die Reichsannalen, die bislang unbezweifelt dem 9. Jh. entstammen, berichten für das Jahr 807 Himmelsphänomene wie Finsternisse und sogar Jupiter-Mond-Konjunktion oder Merkur-Sonne-Durchgang mit einer Präzision, wie sie erst im späten 12. Jh. in Europa wieder erreicht worden ist. Derartige Planetenkonstellationen sind im sonstigen frühen Mittelalter nicht aufgezeichnet worden [1:91-96].
c) Der Kirchenhistoriker Beda Venerabilis (gest. 735), der wohl berühmteste Gelehrte seiner Zeit, hat in seiner Schrift De temporum ratione die Null nicht nur als Platzhalter verwendet, sondern auch als Zahl samt den zugehörigen Rechenregeln. Ihre Kenntnis setzte er bei seinen Lesern voraus [3:117-123].
Nach wohlfundierter Meinung erreichte die indisch-arabische Null erst Ende des 11. Jhs. Europa und hieß bei Fibonacci cephirum, später Null. Beda sprach bereits von "nulla". Hätte er sie im 8. Jh. verwendet, müßten seine Schüler und Leser die Null mit ihren vielen Rechenvorteilen tradiert haben.
Frage: Lassen sich Anachronismen in so eminenten Quellen wie Reichsannalen oder Bedas Schriften anders erklären als durch ihre Neudatierung in spätere Zeit?

4) Die Wirtschaft der Karolingerzeit
Es gibt kaum ein Gebiet, in dem die Urteile dermaßen konträr ausfallen wie bei der karolingischen Wirtschaft. Den Quellen zufolge war es ein äußerst leistungsfähiges Land: So werden überaus zahlreiche Großbauten errichtet (für die Zeit von Karl I., Ludwig I. und Lothar I. nennen die Chroniken 544 Großbauten, also Kirchen, Klöster, Pfalzen). Es konnte auch unter Karl 40 Jahre lang Krieg führen, obwohl viele der Feldzüge eigenes Land verwüsteten (das künftige Herzogtum Sachsen). Es war demnach ein Land mit starker Wirtschaft, blühendem Handel, geschützten Exportgütern (Eisenwaffen) und kurantem Geld. Gleichwohl kommt eine ganze Fraktion von Mediävisten zu dem Schluß, daß die Karlszeit den absoluten Niedergang des christlichen Europa bedeutete: ohne Städte, ohne Straßen, ohne Fern- und Regionalhandel, ohne Gold-, dafür mit primitiver Tauschwirtschaft [1:205-210, 149-185].
Frage: Der Widerspruch zwischen einer chronikorientierten ünd einer evidenzorientierten Sicht des Frankenreichs war bislang unaumeßbar. Ist noch zu erwarten, daß ohne eine völlige Neuorientierung, wie sie meine These bietet, diese Widersprüche jemals ausgeräumt werden können?

5) Quellen contra Archäologie
Nach gängiger Quellenlesung hat Abt Sugar von Saint-Denis für seinen Bau jene Kirche abreißen lassen, die Pippin d. J. beginnen und Karl d. Gr. weihen ließ. Sugar wußte außerdem um den Vorgängerbau von Dagobert I. Die Archäologie zeichnet ein konträres Bild. J. v. d. Meulen und A. Speer haben den Ostteil des gotischen Baus sehr genau ergraben [4]. Sie fanden zwar eine Vorgängerkirche, älter als 585, aber keine Fundamente aus dem 7. oder 8. Jh.
Hier stehen Chronik-Überlieferung und bauhistorische Untersuchung im schärfsten Widerspruch. Er ist nur auflösbar, wenn man Grundsätzliches in Frage stellt: Entweder sind sämtliche, der Baustatik nützlichen Fundamentsteine aus dem Boden entfernt worden oder die Urkunden lügen.
Frage: Was ist leichter auszuführen, bzw. zu motivieren: Das restlose Ausgraben von Fundamenten oder das Fälschen von Urkunden, für das viele Motive vorstellbar sind?

6) Die Gregorianische Kalenderreform
Bekanntlich hat Papst Gregor XIII. anno 1582 zehn Tage in der Zählung überspringen lassen, damit Kalender und astronomische Situation wieder in Einklang kommen. Bei den Kennern herrscht Einigkeit darüber, daß diese Korrektur den seit Caesars Kalendereinführung auflaufenden Fehhler nur bis ungefähr 320, nicht aber bis Caesar zurück kompensiert hat.
Erklärt wird dieser Sachverhalt damit, daß auf dem Konzil von Nicäa (325) entweder eine erste Kalenderreform die fehlenden drei Tage kompensiert habe oder der Frühlingspunkt drei Tage später als bei Caesar auf den 23. 3 festgelegt worden sei. Für beides gibt es keine Konzilsunterlagen; kaiserliche Briefe der Zeit führen diese Erklärungen ad absurdum [5].
Frage: Gibt es eine andere Erklärung außer der Phantomzeithypothese dafür, daß Gregor zuwenig Tage korrigieren ließ und gleichwohl Kalender und Astronomie wieder in Einklang bringen konnte?
Anschließen sei angemerkt, daß unser überaus widersprüchliches Bild des frühen Mittelalters nur deshalb so lang gewahrt blieb, weil im Zweifelsfall das Wissen aus den schriftlichen Quellen den absoluten Vorrang vor dem archäologischen und architektonischen Befund eingeräumt bekam. Diese keineswegs auf die Mediävistik beschränkte Haltung [6:23, 126f] scheint eine der größten Hemmungen beim Wissenszugewinn.

Literaturverweise:

1) Illig, Heribert (1996): Das erfundene Mittelalter; Düsseldorf
2) Borst, Arno: (1990); Computus. Zeit und Zahl in der Geschichte Europas; Berlin
3) Newton, Robert R. (1972): Medieval chronicles and the rotation of the earth; Baltimore
4) Meulen, Ja van der/Speer, Albert (1988): Die fränkische Königsabtei Saint-Denis, Ostanlage und Kulturgeschichte; Darmstadt
5) Coyne/Hoskin/Pedersen (1983): Gregorian Reform of the Calendar; Citta del Vaticano
6) Finley, Sir Moses (1995): Quellen und Modelle der Alten Geschichte; Frankfurt
Hinzu ein Wikipediaverweis:



Erfundenes Mittelalter

Die Theorie vom Erfundenen Mittelalter (auch Phantomzeit-Theorie, Fantomzeit-Theorie; kurz: PHZ, FZ) besagt, dass etwa 300 Jahre ab dem 7. Jahrhundert beginnend, erfunden wurden. So soll auf das Jahr 614 das Jahr 911 gefolgt sein. Von Geschichtswissenschaftlern und Mediävisten wird sie als fehlerhaft betrachtet und zurückgewiesen. In der Öffentlichkeit hat die These aber ein gewisses Interesse gefunden.

Die in Deutschland verbreitete Version geht auf Heribert Illig zurück. Er vertritt die Ansicht, man könne mit der Entfernung angeblich erfundener Jahre die Chronologie des Mittelalters korrigieren. Hans-Ulrich Niemitz, der sich dieser Theorie anschloss, nannte den Zeitraum dann Phantomzeit, da das Fränkische Reich nach Chlodwig I. ein Produkt der Fantasie oder der Täuschung gewesen sei. Insbesondere haben laut dieser Theorie Personen wie Karl der Große und die anderen Karolinger vor Karl III. dem Einfältigen entweder überhaupt nicht existiert, oder sie sind vor 614 beziehungsweise nach 911 einzuordnen.

Inhaltsverzeichnis

1 Grundlagen der Theorie und ihre Widerlegung durch die Fachwissenschaft
1.1 Illigs These
1.2 Historische Grundlagen
1.3 Diplomatik
1.4 Archäologie
1.5 Astronomie
2 Siehe auch
3 Literatur
4 Einzelnachweise



Grundlagen der Theorie und ihre Widerlegung durch die Fachwissenschaft

Die Theorie vom Erfundenen Mittelalter ist eine Form der Chronologiekritik, deren hypothetische Grundlagen insbesondere in folgenden Bereichen liegen: Kalenderkunde, Astronomie, Diplomatik, Archäologie, Architekturgeschichte und Historische Geographie.

Illigs These

Die Theorie hat ihren Ursprung und damit ihre erste Grundlage in der Kritik des tradierten Kalenders. Heribert Illig kam auf die Theorie vom Erfundenen Mittelalter durch seine Annahme, dass die bei der Kalenderreform durch Papst Gregor XIII. im Jahr 1582 vorgenommene Berichtigung des julianischen Kalenders von zehn Tagen um drei Tage zu kurz ausgefallen sei und eigentlich 13 Tage zu streichen gewesen wären, um die Frühlingstagundnachtgleiche wieder am 21. März feiern zu können. Illig leitete aus dieser These die fehlenden drei Jahrhunderte ab, die er in der Ausgabe Zeitensprünge 3/1993 auf genau 297 Jahre berechnete und den in Frage kommenden Zeitraum auf die Spanne September 614 bis August 911 eingrenzte.

Historische Grundlagen

Definitionen für das mittlere Sonnenjahr (Tropisches Jahr)

Das erste Konzil in Nicäa im Jahre 325 n. Chr. veränderte nicht formell den julianischen Kalender, sondern legte den 21. März als Frühlingsbeginn für die weiteren Berechnungen des Osterdatums fest. Bis zur Kalenderreform im Jahre 1582 hatte sich in den vergangenen 1257 Jahren der astronomische Frühlingsbeginn vom 21. März um 9,73 Tage auf den 11. März verschoben,[1] weshalb Papst Gregor XIII. die Kalenderreform im Jahr 1582 in der maßgeblichen päpstlichen Bulle Inter gravissimas verfügte und den 11. März mit der zehntägigen Korrektur auf den 21. März zurückverlegte.

Die Gesamtabweichung seit Einführung des julianischen Kalenders im Jahr 46 v. Chr. hatte sich bis 1582 auf insgesamt 12,48 Tage aufsummiert. Der Frühlingsanfang verschob sich von 46 v. Chr. bis zum ersten Konzil in Nicäa vom 23. auf den 21. März. Die Wissenschaft sieht daher den 21. März 325 als Referenzdatum für den Frühlingsanfang nicht als widerlegt an.

Diplomatik

Illigs Kritik geht davon aus, dass Originalurkunden aus dem besagten Zeitraum sehr spärlich seien und von Personen meist nur sehr unspezifisch sprächen. Überdies seien vom 10. Jahrhundert bis in die Zeit von Friedrich II. zahlreiche Urkunden von Majuskel-Schrift auf Minuskel-Schrift umgestellt worden – also neu geschrieben worden, wonach man die alten Urkunden vernichtet hat. Eine Verfälschung um rund 300 Jahre sei dabei möglich gewesen.

Nach dem Kenntnisstand der historischen Wissenschaften, beispielsweise Arno Borst, existieren jedoch für den fraglichen Zeitraum etwa 7000 Dokumente.[2] Für die monastische Literatur sei das 9. Jahrhundert an Autoren und Manuskripten das reichste des gesamten frühen Mittelalters. Das Abschreiben war für die mittelalterlichen Zeitgenossen die einzige Möglichkeit, Texte zu kopieren. Eine pauschale Verurteilung der Texte des Mittelalters, wie sie bei Illig zu finden ist,[3] ist wissenschaftlich nicht haltbar.

Archäologie

Die dritte Grundlage der These ist die Archäologie-Kritik und basiert auf der Behauptung, dass die wenigen archäologischen Funde aus der Zeit zwischen dem 7. und 10. Jahrhundert n. Chr. falsch datiert seien. Als Beispiel wurde Bayern angeführt.[4]

Den geschichtswissenschaftlichen Publikationen kann dagegen entnommen werden, dass zur fraglichen Epoche eine große Zahl von archäologischen Funden vorhanden ist. In diversen Museen sind einige davon für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Schichten zur Karolingerzeit lassen sich (etwa in Paderborn) eindeutig nachweisen.[5]

Astronomie

Die Astronomiekritik gehört nicht zu den Ursprungs- und Kernelementen der Theorie Illigs. Astronomische Untersuchungen widerlegten zwischenzeitlich die Theorie Illigs. Als Argument gegen die Genauigkeit der Forschungsergebnisse führt Illig in seinen Ausführungen an, dass seine Thesen durch astronomische Rückrechnungen „nicht streng widerlegbar seien”, weil diese nach Meinung Illigs für den betreffenden Zeitraum auf zu „unsicheren Quellen” beruhten.

Illig erklärt, dass es zwar Belege in Form astronomischer Beobachtungen gegen seine Theorie gebe, beruft sich aber auf ein aus dem Gesamtzusammenhang gerissenes Zitat des Astronomen Dieter B. Herrmann (wogegen dieser sich verwahrt), das sich nur auf den Bereich der Sonnenfinsternisse bezieht.

„Ein unanfechtbarer Beweis gegen Illigs These kann allein anhand von historischen Sonnenfinsternissen wohl nicht geführt werden. Dazu wäre es erforderlich, dass die Echtheit der jeweiligen Quelle, ihre fehlerfreie Überlieferung, die Gewissheit ihrer Zuverlässigkeit, eine eindeutig zuzuordnende Beschreibung des Ereignisses sowie dessen konkretes Datum anhand von Verknüpfungen mit anderen geschichtlichen Ereignissen gegeben wären. Bietet nur eines dieser Kriterien bezüglich einer Finsternis Anlass zu Zweifeln, kann die These von der Phantomzeit im strengen Sinn nicht als widerlegt gelten.“

– D. Herrmann[6]

Als historisch belegtes Zeugnis hinsichtlich der Richtigkeit antiker Aufzeichnungen führt Herrmann die Berichte von Hydatius von Aquae Flaviae über zwei totale Sonnenfinsternisse an, die in Aquae-Flaviae (Portugal) innerhalb eines Abstandes von 29,5 Jahren auftraten.[7] Dieses astronomische Ereignis ereignet sich aufgrund der „extrem geringen Wahrscheinlichkeit” nicht sehr oft. Das Argument der „extrem geringen Wahrscheinlichkeit” bezieht sich auf den Umstand, dass an einem Ort durchschnittlich nur alle 360 Jahre der Kernschatten einer totalen Sonnenfinsternis zweimal auftritt, während astronomische Untersuchungen für Altertum, Antike und Neuzeit belegen, dass während 29,5 Jahren mehrere allgemein wahrnehmbare Sonnenfinsternisse dem astronomischen Regelfall entsprechen. Da Illig keine wissenschaftlichen Argumente gegen die Beobachtungsberichte des Bischofs Hydatius vorlegen kann, weicht Illig auf andere Themenbereiche aus und zieht die Glaubwürdigkeit des Bischofs in Zweifel: „Bei den Papstdaten seiner Zeit irrte sich der Bischof um bis zu 7 Jahre, wie glaubwürdig ist dann der Bericht über seine taggenau dokumentierten Sonnenfinsternisse?“
Artikel des P.M.-Magazins, zwar ein bisschen mager, allerdings mit witzigen Sachen über unseren Karl:
"Phantomzeit"-These
Die verschwundenen Jahrhunderte


Wir leben im Jahr 2004? Falsch, behaupten kühne Historiker, eigentlich befinden wir uns erst im Jahr 1707: Rund 300 Jahre des frühen Mittelalters habe es nie gegeben – sie seien erst nachträglich »erfunden« worden.

Karl der Große trägt seinen Namen zu Recht. Nicht nur, weil er fast zwei Meter groß und nach seiner Krönung im Jahr 800 der erste Kaiser des Abendlandes ist. Auch die Taten, die man ihm zuschreibt, sind beeindruckend: Aus einem nach den Wirren der Völkerwanderung daniederliegenden Mitteleuropa schafft er ein fränkisches Großreich, schickt gepanzerte Krieger von Front zu Front, gründet Städte, reformiert Staatswesen, Recht und Kultur.

Karl der Große gilt als der wahre Vater Europas. Nicht nur im geistigen, sondern auch im leiblichen Sinn: Angeblich stammen zwei Prozent aller heutigen Mitteleuropäer von ihm ab. Was aber, wenn es den fruchtbaren Urahn gar nicht gegeben hat? Wenn sogar die gesamte Karolingerzeit, die Historie des siebten, achten und neunten Jahrhunderts, reine Erfindung ist? ...

Autor: Jan Berndorff
Nochmal einige Literaturverweise:

Literatur
Heribert Illig: Das erfundene Mittelalter. Die größte Zeitfälschung der Geschichte. Ullstein, Berlin 2005, ISBN 3-548-36429-2.
Franz Krojer: Die Präzision der Präzession. Illigs mittelalterliche Phantomzeit aus astronomischer Sicht. Differenz-Verlag, München 2003, ISBN 3-00-009853-4 .
Diethard Sawicki: Lügenkaiser Karl der Große?, Ein kritischer Blick auf Heribert Illigs These vom erfundenen Mittelalter.In: Bendikowski, Tilmann u. a.: Geschichtslügen. Vom Lügen und Fälschen im Umgang mit der Vergangenheit. Münster 2001.
Rudolf Schieffer: Ein Mittelalter ohne Karl den Großen, oder: Die Antworten sind jetzt einfach. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht. (GWU), 48/1997
Gerard Serrade: Leere Zeiten – oder: Das abstrakte Geschichtsbild. Logos, Berlin 1998, ISBN 3-89722-016-4.
Ralf Molkenthin: Die Phantomzeit und das Mittelalter - oder: Wie Heribert Illig eine Erfindung erfand. Eine mediävistische Erläuterung, in: Ralf Molkenthin und Bodo Gundelach (Hrsg.) De Ludo Kegelorum Morschen 2008, S. 19 - 35
Die Kunst ist, immer einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird.
- Winston Churchill
Meister Pigeldi
Beiträge: 1164
Registriert: 13.05.2007, 14:02

Beitrag von Meister Pigeldi »

Ich kenne nur Phantom der Oper

nee mal im Ernst, find den Text interessant auch wenn es viel zu lesen ist.
Einen wunderschönen juten...




Gehabet euch sonst wo!


Niveau ist keine Handcreme, auch wenn Claudia davon einen ganzen Pott zu hause hat, der mittlerweile aber zur Hälfte leer ist...
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