Brot und Spiele 07.07.12 ARD

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Norbert von Thule
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Brot und Spiele 07.07.12 ARD

Beitrag von Norbert von Thule »

Brot und Spiele - Das große Geschichts-Spektakel am 07.07.12 im Ersten um 20.15 - 23.15 Uhr

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Unterhaltung wie bei den alten Römern bietet die ARD am morgigen Samstag ihren Zuschauern. Unter dem Titel "Brot und Spiele - Das große Geschichts-Spektakel" präsentieren Matthias Opdenhövel und Mareile Höppner ab 20.15 Uhr ein drei Stunden dauerndes Open-Air-Event im Amphitheater von Xanten, das vor 2.000 Jahren tatsächlich Schauplatz von Gladiatoren-Kämpfen war.
Zwei prominent besetzte Mannschaften treten gegeneinander an. Angekündigt sind Ex-Boxer Henry Maske und für seine Rolle im Hollywood-Film "Gladiator" bekannte Schauspieler Ralf Moeller, ferner die Schauspielerin Christine Neubauer, Ex-Schwimmerin Franziska van Almsick, Comedian Bernhard HoÁ«cker, Sängerin Maite Kelly und "Tagesschau"-Sprecher Jens Riewa.

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Am Samstag kämpfen viele Promis im APX. Moderator Matthias Opdenhövel, Henry Maske, Ralf Moeller und Mareile Höppner zeigen sich im römischen Gewand. (Foto: Fischer, Armin)

Nach zehn Spielrunden gibt es zum Showfinale ein großes Wagenrennen, kommentiert von WDR-Sportchef Steffen Simon. An dem Programm vor rund 3.000 Zuschauern in der Arena wirken Hunderte Akteure in römischen Gewändern mit, wie die ARD weiter mitteilte. (DAPD)

Für WDR-Unterhaltungschef Sigmund Grevenich ist die heutige Sendung ein Testlauf. Komme das große Geschichtsspektakel bei den Zuschauern an, könne es später mit einem Mittelalter-Special weitergehen, sagte Grevenich gegenüber der RP. Solch ein Format stehe und falle unter anderem mit dem Ambiente. Burgen gebe es am Rhein genug. Daneben gebe es auch genug Gruppen, die das Mittelalter "leben". Wie die Römer-Gruppen. Sie machten Geschichte lebendig. Das bewiesen die Gruppen, die immer wieder im Archäologischen Park zu Gast seien.
Montrose
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Re: Brot und Spiele 07.07.12 ARD

Beitrag von Montrose »

Komme das große Geschichtsspektakel bei den Zuschauern an, könne es später mit einem Mittelalter-Special weitergehen,
Warum sollte man das tun? Die Römer waren kultiviert, militärisch voll durchorganisiert und frisch gebadet. Diese Tugenden sollte man den Zuschauern immer und immer wieder in mehrstündigen Sondersendungen vor Augen führen. Geradezu jugendverderbend wäre es hingegen, den Zuschauern irgendwelche Zottelhippies aus dem Mittelalter zu zeigen.
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Norbert von Thule
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Re: Brot und Spiele 07.07.12 ARD

Beitrag von Norbert von Thule »

Montrose hat geschrieben:... und frisch gebadet
Co-Moderatorin Mareile Höppner: "Er, er muss sich nicht waschen, also Sie können sich vorstellen, wie das so war im alten Rom." (ARD Mediathek, bei 1.55.50)

Kein Grund zur Mediaaethasophobie: "Insgesamt sahen gerade einmal 3,11 Millionen Zuschauer ab 3 Jahre zu. Für eine Show mit diesem Aufwand ist das ein katastrophal schlechter Wert." (FAZ)
Montrose
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Re: Brot und Spiele 07.07.12 ARD

Beitrag von Montrose »

Heute lagen in der Mayerschen Buchhandlung auf den Krabbeltischen noch 3 Exemplare "Raubritter" von Niklas Frank für je 5 €, nachdem ich eins davon gekauft hatte. Ich muß doch wissen, auf was für Schurken ich mich einlasse, wenn ich mit Rittern rede. Um mich von diesem schreckerregenden Thema einigermaßen zu erholen und was Beruhigendes vor dem Einschlafen zu lesen, habe ich noch einen Western gekauft.
Kein Grund zur Mediaaethasophobie
Gut erkannt, was ich befürchtete. Mittlerweile denke ich allerdings etwas anders drüber. In einer der Aachener Zeitungen hieß es, daß durch den Lehrermangel und schlampige Lehrpläne an manchen Schulen 1000 Jahre Mittelalter in einer einzigen Doppelstunde unterichtet würden.

Da ich immer für innovative Lösungen zu begeistern bin, plädiere ich dafür, alle Lehrer rauszuschmeißen -haben ja eh nur das ganze Jahr Ferien - und Schulen abzuschaffen. Massenmedien vermitteln Bildung billiger und besser. Hebräisch und Latein lerne ich von Mel Gibson (Die Passion Christi), Englisch von Lady Gaga (Rah, rah, ah, ah, ah Roma, roma, ma Gaga, ooh la la, Want your bad romance), Biologie von Vivian Schmitt (Willige Stuten) und Mathematik mit dem Dax (Mathe braucht man eh nur zum Geldzählen). Den Rest, den ich dann nicht mehr schaffe, erledigt der Ei-Pott. :idea:
Insgesamt sahen gerade einmal 3,11 Millionen Zuschauer ab 3 Jahre zu.
Das ist nicht wenig! Wenn ich soviel Fans hätte, würde ich Frankreich erobern anstatt mich wie ein Karnevalsfuzzi zu verkleiden.
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Norbert von Thule
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Re: Buch und Schule

Beitrag von Norbert von Thule »

Roland Detsch hat geschrieben:So besteht das Buch aus einem einzigen Hauen und Stechen, Foltern und Metzeln, Fluchen und Wehklagen, dass einem das Hören und Sehen vergeht. Getreu nach dem Motto: je drastischer desto typischer. Schließlich spielt sich ja alles im Mittelalter ab, und da muss es ja unbedingt finster und barbarisch zugehen. Mit der Folge, dass sich einem der Magen umdreht, wenn der berühmt-berüchtigte Thomas von Absberg mit Spitznamen "Handabhacker" seine Opfer mit dem Schwert malträtiert, bis ihnen "gelbes Knochenmark" aus dem Armstumpf rinnt, um nur eine der unzähligen Abscheulichkeiten zu nennen, in denen Frank mit sadistischer Lust am Detail schwelgt. Aber fast noch unerträglicher wird es, wenn er beim dichterischen Talentnachweis in pseudomittelalterlichen Duktus verfällt und dabei in der Schlacht die "Pferdepaare in Pirouetten drehen", "nervöse Aufregung über den Kampfplatz flimmern" oder den Blutstrahl "raketengleich aus dem Hals" schießen lässt. Schröcklich das Ganze!
Dein neues Buch passt also ganz wunderbar zu den übrigen von dir aufgeführten Bildungsquellen, sich über Lehrer zu beklagen ist jedoch keine Lösung, hier konnten wir durch unseren jahrelangen Einsatz Abhilfe schaffen (2008/2009/2010/2011/2012).

In unserem Darstellungszeitraum ist Frankreich kein Erzfeind, sondern die Templer sind mit den Deutschrittern verbündet und unsere 2,24 Millionen Zuschauer von Welt der Wunder reichten nicht mal aus, Neutral-Moresnet zu erobern. Wie du wissen müsstest, bedeutet Rezeption nicht zwangsläufig auch Assimilation - aber wir arbeiten daran.
Montrose
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Re: Brot und Spiele 07.07.12 ARD

Beitrag von Montrose »

Achja, Roland Detsch - ein nicht festangestellter Schreiberling - der natürlich, wenn er in seinen leeren Kühlschrank guckt, mißmutig wird. Die von dem Kritiker angeführten Stellen stammen aus den ersten 20 Seiten, was dokumentiert, daß dieser Roland Detsch überhaupt kein Interesse hatte, das Buch ganz durchzulesen. Vermutlich wollte er nur mal schnell die 50 € abgreifen, die man eben für solch eine Kritik bezahlt bekommt.

Sagen wir mal so: dieses Buch ist immerhin ein Anfang, "Ritter" in irgendeiner Weise mit historischen Begebenheiten in Verbindung zu bringen. Den an Moritaten erinnernden Schreibstil finde ich durchaus passend, um die Distanz von blutleerer Wissenschaftlichkeit zum tatsächlichen Geschehen zu überbrücken.

Wer es weniger poetisch mag, kann natürlich auch in Wikipedia nachlesen. http://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_von_Absberg http://de.wikipedia.org/wiki/Absberger_Fehde

Neuzeit-Ritter als pädagogisches Instrument? Für Kindergärten und Grundschulen finde ich das gut.
Wenn aber Erwachsene auf Mittelaltermärkten Ritter spielen, ist das - wie ich schon mal sagte - der moderne Eskapismus des mittlerweile 21. Jahrhunderts, ohne daß es dadurch einen Bezug zum echten Mittelalter gäbe. Dieser Eskapismus ist eine prinzipiell schlechte Entwicklung. Ähnlich wie das deutsche Biedermeier ist die Flucht in private Träumereien Ausdruck von realer Ohnmacht und Visionslosigkeit - und zwar infolge der post-industriellen Vermassung, in der wir nach wie vor leben und leben werden. Der moderne Mensch ist ein Wegwerfmensch.
Die A-Kritik richtet sich dabei nicht auf nicht historische Gewänder oder falsche Schnittmuster, was in meinen Augen dümmlicher Materialismus ist, sondern auf die simple Tatsache, daß Freizeitritter die damalige Historizität sowie ihre eigene zu wenig reflektieren. Beides hängt zusammen: indem wir die Historizität der damaligen Menschen leugnen und sie x-beliebig machen, machen wir uns selbst x-beliebig bzw. ent-individualisieren uns.

Dieser Roland Detsch hat den pädagogischen Mehrwert des o.g. Buches nicht begriffen und ist damit in den engen geistigen Grenzen seiner eigenen Sensationslust geblieben. Das Überraschende ist nämlich nicht die Grausamkeit mancher Schilderung. Die überraschende Erkenntnis ist - je länger man liest, desto stärker wird diese Ahnung -, daß es tatsächlich einmal Ritter, echte Ritter gegeben hat.
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Norbert von Thule
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Re: Brot und Spiele 07.07.12 ARD

Beitrag von Norbert von Thule »

Eskapismus bezeichnet die Nutzung von Second-Hand-Informationen (Bücher z.B.) um keine eigenen Erfahrungen sammeln zu müssen. Ich denke doch, dass die Veytaler Ritterschaft sich in ihren und anderen Veranstaltungen von Satzvey bis Wacken sehr realen Herausforderungen gestellt hat. Als Ebenbilder historischer Menschen verleugnen wir weder ihre noch unsere Individualität, sondern bewahren die Grundlagen unserer Kultur vor der Vergessenheit, wobei die Reflektion der Praxis tiefere Einblicke ermöglicht, als man sie sich anlesen kann.
Montrose
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Re: Brot und Spiele 07.07.12 ARD

Beitrag von Montrose »

Ich denke doch, dass die Veytaler Ritterschaft sich in ihren und anderen Veranstaltungen von Satzvey bis Wacken sehr realen Herausforderungen gestellt hat.
Das ist unbestritten.
wobei die Reflektion der Praxis tiefere Einblicke ermöglicht, als man sie sich anlesen kann.
Das kommt auf den Gegenstand an. Tatsächlich gab es den Bücherwurm und Stubenhocker in Form des Priesters und mancher Mönche schon damals. Wenn ich mich mit Albertus Magnus identifiziere.. was wäre dann die Praxis, über die ich reflektieren müßte, um tiefere Einblicke zu bekommen?

Leider bringt Wikipedia Eskapismus vornehmlich mit modernen Medien in Zusammenhang, was m. E. eine falsche Darstellung ist. Bilder, Geschichten, Märchen, Träume, aber auch Konzepte, Pläne, Ordnungen -alles Dinge der nicht-materiellen Welt- gibt es seit Menschengedenken. Ich finde, nicht die Existenz dieser Dinge oder wie sie bestehen, sondern worauf sie sich beziehen, definiert, was Eskapismus ist.
sondern bewahren die Grundlagen unserer Kultur vor der Vergessenheit,
Diese Grundlagen sind konzeptioneller Art und bedürfen deshalb bisweilen der Erklärung. Wenn Ritter kämpfen, ist neben der Kampftechnik der Anlaß und das Rechtsverständnis von Interesse.
Zu unserer Kultur gehört neben den Rittern auch der Untergang der Ritter. Wenn der Ritter so edelmütig war, warum haben wir dann heute keine Aristokratie mehr?

Die Grundlagen unserer öffentlichen Kultur sehe ich eher in Rom (res publica), im (nach-)revolutionären Code Napoleon und im Bürgertum (Paulskirche) als in der mittelalterlichen Feudalgesellschaft. Ich möchte Dich nicht niederknüppeln, aber doch dazu veranlassen, Deine Behauptungen schärfer herauszuarbeiten. Was genau an heutigen Vorstellungen beruht auf dem Mittelalter? (Mir käme da z. B. der Förderalismus in den Sinn).
Als Ebenbilder historischer Menschen verleugnen wir weder ihre noch unsere Individualität,
Mein Vorschlag wäre, gelegentlich wirkliche damalige Personen und Ereignisse nachzuspielen. Sonst läuft das Ganze Gefahr, ein völlig andere Epoche zu repräsentieren.

Ich erlaube mir jetzt auch mal den Rückgriff auf Wikipedia, Stichwort Ritterlichkeit: "Am stärksten rezipiert und wiederbelebt wurden die ritterlichen Ideale in der Romantik, in der die feudale Ordnung mit ihren ritterlichen Tugenden als rückwärtsgewandte Utopie gegen die neue bürgerliche Gesellschaft eskapistisch formuliert wird."

Mit der spielerischen Realisierung von Vorstellungen der Romantik würde man den Zeitgeist des Mittelalters um vier Jahrhunderte verfehlen. Nicht alles, was wie Ritter aussieht, ist auch Ritter. :wink:

Das Raubritter-Buch möchte ich nochmals verteidigen. Ich habe es fast durchgelesen. Auch wenn der Autor sehr viel eigene Kreativität, Witzchen und Wortspielereien mit reinbringt, zeigt er immer wieder anhand von Texten alter Chroniken (die er leider nicht mit Zitatangaben versieht), daß seine Schilderungen keineswegs aus der Luft gegriffen sind.
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