Krieger der Vergangenheit - Die Assassinen 31.01.15 N24

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Norbert von Thule
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Krieger der Vergangenheit - Die Assassinen 31.01.15 N24

Beitrag von Norbert von Thule »

Krieger der Vergangenheit - Die Assassinen am 31.01.15 um 22.05 Uhr auf N24

Heute in der Welt:
Der Leitender Redakteur Kulturgeschichte [url=http://www.welt.de/geschichte/article136957923/Selbstmordattentaeter-im-Namen-des-Islam.html]Berthold Seewald[/url] hat geschrieben:
Selbstmordattentäter im Namen des Islam


Im Mittelalter entfesselten radikale Ismailiten einen Krieg, dessen Ziel es war, die Anführer ihrer Feinde zu töten. Die Taktik hatte viel mit der moderner Guerillas gemein, zeigt eine N24-Reportage.

Sie gelten als Inbegriff des heimtückischen Mordens und fanatischen Glaubenseifers. Die Assassinen des Mittelalters verfolgten aber eine rationale Strategie, wie eine N24-Reportage zeigt.
Nizam al-Mulk war ein frommer und kluger Politiker. Der gebürtige Perser trat als junger Mann in den Dienst der türkischen Seldschuken-Sultane, die im 11. Jahrhundert n. Chr. weite Teile des Vorderen Orients in einem Großreich vereinten. Die Gründung zahlreicher Koranschulen zeugt von al-Mulks Glaubensstärke, sein "Buch der Staatskunst" von seinem politischen Talent. Obwohl formal nur Wesir des Reiches, galt er als sein wahrer Herrscher. Bis ihn am 14. Oktober 1092 der Dolch eines Mörders traf. Mit Nizam al-Mulk zerbrach auch die Machtstellung des Seldschuken-Reiches.
Der berühmte Staatsmann war das erste prominente Opfer eines Selbstmordanschlags muslimischer Sektierer, die als Assassinen in die Geschichte eingegangen sind. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wurde deutlich, dass sie über beinahe 1000 Jahre hinweg noch immer Vorbilder für religiöse Fanatiker sein können. Denn so politisch ihre Anschläge und deren Wirkung auch gewesen sein mochten: Ansporn und Legitimation ihres mörderischen Tuns gewannen die Assassinen aus dem Glauben, damit dem "einzig wahren Islam" zum Sieg zu verhelfen.
Mit einem ebenso einfachen wie eindrucksvollen Trick schlägt der Informationssender N24 in seiner Reportage "Assassinen" am Samstagabend die Brücke zwischen Geschichte und Gegenwart. Die zahlreichen Spielszenen wechseln zwischen historischer und aktueller Kulisse. Mal sind es Passanten auf einer mittelalterlichen Straße, die sich als Attentäter entpuppen, mal Autofahrer auf einem Markt, die sich in die Luft sprengen.

Die Selbstmordattentäter der Assassinen


In der neuen N24-Reihe "Krieger der Vergangenheit" bietet die britische Produktion die geraffte Darstellung einer Sekte, deren größte Stärke bis ins 19. Jahrhundert Geheimhaltung und Verstellung gewesen sind. Denn ihre Vorstellung vom wahren Islam stand stets in Gegensatz zur überwiegenden Mehrzahl der Muslime.
Die Wurzeln der Assassinen gehen zurück bis auf den Streit um die Nachfolge des Propheten. Nach dessen Tod im Jahr 632 votierte das Gros seiner Anhänger für eine von der Gemeinschaft zu wählende Führung. Damit aber wurden die Rechte der nahen Verwandten Mohammeds hintenan gestellt. Als deren Partei formierten sich in mehreren Bürgerkriegen die Schiiten, während sunnitische Dynastien das arabische Weltreich begründeten und führten.
Die schiitische Minderheit spaltete sich bald in mehrere Strömungen auf. Eine davon sind die Ismailiten. Sie leben in der Überzeugung, dass beim Übergang vom sechsten auf den siebten Nachfahren Mohammeds (Imam) der rechtmäßige Erbe übergangen worden ist. Die Ismailiten bildeten eine regelrechte Geheimlehre aus, die von Missionaren in alle Teile des islamischen Welt verkündet wurde. Brutal und blutig waren die Verfolgungen, die sunnitische Herrscher gegen sie initiierten.
Einer dieser ismailitischen Sendboten war Hasan-i Sabbah. Geboren im Iran, gelang es ihm, in der Gebirgswelt südlich des Kaspischen Meeres mehrere Burgen in die Hand zu bekommen. Die wichtigste war Alamut, ein uneinnehmbarer Felsenhorst. Hier sammelte er Anhänger, die ihm bedingungslos ergeben waren. Und hier entwickelte er seine Strategie.
Da er den Heeren der Seldschuken oder syrischer oder ägyptischer Warlords in offener Schlacht nichts entgegensetzen konnte, wurde Hasan-i Sabbah ein konsequenter Bahnbrecher der asymmetrischen Kriegführung. Nicht gegen Armeen zog er in den Krieg, sondern gegen ihre Führer. Denn er erkannte, dass die muslimischen Reiche institutionell so wenig gefestigt waren, dass ihre Existenz vor allem von Charisma und Leistung ihrer Fürsten abhing.

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Mörder im Schatten: Reenactment-Szene aus der N24-Reportage

In Alamut trainierte Sabbah seine Leute im Nahkampf und in der Tarnung. Um ihre Aufträge auszuführen, durften sie sogar ihren Glauben verleugnen. Wie moderne Guerilla-Kämpfer übten die Assassinen das Ausspähen des Feindes und die Infiltration in seine Festungen und Heere. Als Nizam-al Mulk zum entscheidenden Schlag gegen die Ismailiten im Iran ausholen wollte, näherte sich ihm ein Sufi, ein heiliger Wanderprediger. Ihn ließen die Leibwächter passieren. So konnte der Assassine seinen Auftrag erfüllen.
Nicht nur die umsichtige Planung und Durchführung des Anschlages schockierten die Zeitgenossen, sondern auch der Umstand, dass die Attentäter ohne Rücksicht auf ihr Leben vorgingen. Ihr Ziel war der gelungene Mordanschlag und nicht die Flucht. Hasan-i Sabbah erkannte bald diese ”“ sekundäre ”“ Wirkung seiner Kriegführung, die allgemeine Verbreitung von Angst und Schrecken durch die Drohung des punktuellen Terrors. Bei seinem Tod soll die Ehrenliste, die auf Alamut geführt wurde, mehr als 40 Namen umfasst haben, "Emire, Wesire, Generäle, Notabeln und Scherifen".
In den Dunstkreis Europas rückten die Assassinen, als sich mit Raschid ad-Din Sinan ein ebenso charismatischer wie zielstrebiger Nachfolger Hasan-i Sabbahs in Syrien festsetzen konnte. Mit der Strategie des religiös begründeten Selbstmordattentats gelang es ihm, zwischen muslimischen Fürstentümern und Kreuzfahrerstaaten einige Burgen in Syrien unter seine Kontrolle zu bringen und ein regelrechtes Terrorregiment zu errichten. Parallelen zum Islamischen Staat der Gegenwart liegen auf der Hand.

Die Opfer waren zumeist Muslime

Als geheimnisumwitterter Alter vom Berge wurde Sinan in Europa bekannt und berüchtigt. Sultan Saladin entkam seinen Nachstellungen. Der Kreuzritter Konrad von Montferrat, der 1192 zum König von Jerusalem gewählt worden war, wurde ein prominentes Opfer. Dennoch hielt sich der Alte gegenüber Christen, zumal Ordensleuten, zurück. Denn die Ritterorden waren viel zu straff organisiert, als dass der Tod eines Führers das System hätte in Frage stellen können. Wie der islamistische Terror der Gegenwart in großer Mehrheit Muslime trifft, waren auch die Opfer der Assassinen zumeist Anhänger Allahs.
Auf sie geht denn auch der Name zurück, unter dem Sinans Leute bekannt wurden: Assassinen nach "Asis", Haschisch oder anderen Rauschmitteln. "Von diversen Erklärungsmodellen", schreibt der bekannte britische Orientalist Bernard Lewis, " ist das nächstliegende, dass es sich um einen Ausdruck der Verachtung für die fantastischen Glaubensinhalte und das extravagante Benehmen der Sektierer handelte ”“ um einen höhnischen Kommentar zu ihrer Aufführung eher denn um eine Beschreibung ihrer Praktiken."
Einen Unterschied zu den Terroristen der Gegenwart arbeitet die Reportage deutlich heraus: Für die Assassinen Sabbahs und Sinans endete der Auftrag mit dem Tod der Zielperson, des militärischen oder politischen Anführers des Gegners. Den Selbstmordattentätern der Gegenwart geht es dagegen um den Terror als Waffe, der mit dem Tod zahlreicher Unbeteiligter erzeugt werden soll. Der Kollateralschaden ist zum Zweck des Tötens geworden.
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